Ungewohnte Rolle für Wladimir Klitschko. In wohl einem der schwersten Kämpfe seines Lebens, am Samstag gegen den Briten Anthony Joshua, ist der ehemalige Weltmeister Außenseiter. Wir haben 6 Schwachstellen des Ukrainers ausgemacht, die ihm im großen Wembley-Stadion zum Verhängnis werden könnten.
Defensive
Eine Schwäche, die Klitschko wohl nicht mehr los wird, ist sein Kinn. 3 seiner 4 Niederlagen standen vor dem regulären Ende des Kampfes fest. Der direkten Konfrontation will er eher aus dem Weg gehen. Viele seiner Gegner waren beschränkt, kleiner und damit weniger in der Lage schmerzhafte Treffer zu landen. Joshua hat die gleiche Größe und eine fast identische Reichweite. Er kann die Lücke schließen und Klitschko unter Umständen sehr wehtun.
Motivation
Klitschko war immer extrem ambitioniert und äußerst wettbewerbsfähig. Zuletzt wurden die Zweifel etwas größer, ob er, mit nun schon 41 Jahren und den vielen Interessen abseits des Boxens, dieses Level halten kann. Er muss niemandem mehr etwas beweisen und seine Familie mit Tochter Kaya und Ehefrau Hayden Panettiere steht eindeutig im Vordergrund.
Lediglich seine Gegner David Haye, Tyson Fury und Alexander Povetkin waren in den letzten Jahren mehr als ein Routine-Test. Nur in diesen Fights musste er seine Komfortzone in der Mitte des Rings verlassen, wo er mit dem Jab so effektiv ist, um einen vorzeitigen Sieg herbeizuführen.
Timing und Genauigkeit
Ein gewöhnliches Merkmal vieler Klitschko-Gegner war ihre Bereitschaft gradlinig zu boxen. Damit waren sie des Öfteren ein einfaches Ziel für seine bevorzugte Dreierkombination.
Die Kontrahenten, die bessere Kopfbewegungen und größere taktische Flexibilität demonstrierten bereiteten Klitschko wesentlich größere Probleme.
Gegen Fury verpasste es der Ukrainer außerdem, den entscheidenden Punch zu landen, was oft das Zeichen für einen stetiges Zurückweichen ist. Auch gegen Bryant Jennings zuvor landeten nur 26,4% seiner Schläge im Ziel.
Kampf auf dem Rückzug
Klitschko liebt es, den Kampf aus der Ringmitte zu dominieren und der aggressivere Boxer zu sein. Seine Gegner sind ständig damit beschäftigt, Widerstand von außen zu leisten oder sie riskieren einen Knock-Out beim Versuch die Distanz gering zu halten, indem sie einige heftige Jabs von Dr. Steelhammer kassieren.
Bei starken Gegnern, die bereit sind in den Infight zu gehen, tendiert Klitschko zum Klammern, um sie mit seinem Körpergewicht ihres Stehvermögens zu entziehen und zu ermüden. Eine Taktik, die von den Ringrichtern oft nicht bestraft wird.
Ohne Größenvorteile wird es schwer, diesen Ansatz auch bei Joshua am Samstag erfolgreich einzusetzen.
Berechenbarkeit
Die beständige Effizienz von Klitschko’s Jabs ist ein Zeichen dafür, dass er schon sehr lange auf die gleiche Art boxt. Das wurde ihm im Kampf gegen Tyson Fury zum Verhängnis. Der Landsmann von Joshua verwickelte ihn in einen unkonventionellen und ungewohnten Kampf. Die Geschwindigkeit von Joshua wird das Verhalten von Klitschko erneut auf eine harte Probe stellen.
Die meisten Gegner sehen ihre Chance auf den Sieg eher darin, einen Knockout herbeizuführen anstatt auf einen Punktsieg zu vertrauen. Die große Frage vor dem Fight des Jahres im legendären Wembleystadion: Kann sich Klitschko auf die Stärken Joshuas einstellen und ihm den Wind aus den Fäusten nehmen?