Das wohl größte Torwart-Schwergewicht ist wieder da. Muskelprotz Tim Wiese meldet sich zurück, aber nicht auf dem Fußballplatz. Über 3 Jahre nach seinem unrühmlichen Karriere-Ende bei der TSG 1899 Hoffenheim beginnt für den 34-Jährigen ein neuer Lebensabschnitt: Kampfring statt Tor, WWE statt Bundesliga. Vor dem Debüt am Donnerstag in der Münchner Olympiahalle nehmen wir seinen ungewöhnlichen Weg vom Torhüter zum Wrestler genau unter die Lupe.
Über 200 Bundesliga-Einsätze, 6 Länderspiele für die Nationalmannschaft, DFB-Pokalsieger mit Werder Bremen und WM-Dritter: Seine Vita liest sich trotz einiger Eskapaden bei seiner letzten Station in Hoffenheim eindrucksvoll. Doch diese ganzen Erfolge zählen für Tim Wiese ab sofort nicht mehr. Mit dem Kapitel Fußball hat der gebürtige Bergisch Gladbacher schon lange abgeschlossen.
Was ist eigentlich Wrestling?
Seinen gut dotierten Vertrag saß er bis Juni diesen Jahres aus, verbrachte aber weit aus mehr Zeit im Fitness-Studio als auf dem Fußballplatz. „Die Vorbereitung für die WWE war schon eine Hausnummer“, erklärt der langjährige Bremer, der sein Gewicht von 88 auf über 120 Kilogramm gesteigert hat. Schon als Kind sei er ein großer Fan der Wrestling-Szene gewesen.
Wrestling ist in Deutschland nicht vielen Sportfans sofort ein Begriff. Es versteht sich als eine Art Mischung aus Hochleistungssport und spektakulären Showeinlagen. In den USA begeistern und elektrisieren die größtenteils inszenierten Kämpfe seit Jahren die Massen. Protagonisten wie „The Undertaker“ gelten dort als Superstars. So steht Wrestling quasi direkt hinter den US-Nationalsportarten wie American Football, Basketball oder Eishockey.
Premiere im Tag-Team-Match
Auch hier zu Lande steigt die Popularität an. Die World Wrestling Entertainment, kurz WWE, baut als größter Veranstalter die Anzahl der Events auch im Ausland stetig aus. Schon der Gastauftritt von Tim Wiese in Frankfurt im November 2014 sorgte für Schlagzeilen. Der als „Special Timekeeper“ eingeladene Torhüter stieg kurz vor dem Ende eines Kampfes in den Ring, ließ kurz seine Muskel spielen und feierte zusammen mit dem siegreichen Team „The Usos“. In wenigen Tagen wird es für Wiese dann aber endgültig Ernst.
Nach intensiver Vorbereitung und Ausbildung im WWE Performance Center in Orlando tritt er zusammen mit dem Iren Sheamus und Cesaro aus der Schweiz in einem so genannten Six-Men-Tag-Team-Match (3 gegen 3) an. Die Gegner heißen Primo, Epico und Bo Dallas. „Tim ist hartnäckig. Er hat eine enorme Belastbarkeit und Entschlossenheit an den Tag gelegt, um sich diese Chance zu verschaffen“, sagt Paul Michael Levesque alias „Triple H“. Der 47-Jährige ist mehrmaliger Champion und gehört seit einigen Jahren auch zum Management der WWE.
Ex-Torhüter Tomlinson scheiterte als Wrestler
Vor Tim Wiese hatte es bereits einen Torhüter in der WWE-Historie gegeben. Stuart Tomlinson, bis 2013 beim englischen Zweitligisten Burton Albion unter Vertrag, blieb als Hugo Knox aber der große Durchbruch im Wrestling verwehrt. Vor seiner Premiere zeigt sich Wiese, der schon als Fußballer um keinen Spruch verlegen war, aber gewohnt selbstbewusst und macht eine Kampfansage.
„Es kann kommen, wer will. Meine Taktik ist, direkt auf den Gegner zu gehen und ihn komplett zu zerstören.“
Nicht nur diese Aussage zeigt: Große Show ist und war schon immer genau sein Ding. Seine polarisierende Art macht ihn zu einem passenden Zugpferd für die WWE in Deutschland. Wenn der Gong ertönt, kann der 34-Jährige sein Image als „Bad Boy“ voll ausleben. Der gut gebräunte Mann mit den nach hinten gegelten Haaren sowie den Tattoos hat sogar das Zeug, zum Publikumsliebling oder – nach amerikanischem Jargon – der „King of the Ring“ zu werden.