Ihre Fans nennen sie „Die Recken“. Doch diese Jungs können in der Handball-Bundesliga echte Riesen werden. Die TSV Hannover-Burgdorf verblüfft die Liga. 5 Spiele, 5 Siege, Tabellenführer. Dass aus dem Prügelknaben der letzten Saison die Überraschungsmannschaft der laufenden Spielzeit geworden ist, verdankt man einem Geistesblitz.
Irgendwann nach der Rückrunde der letzten HBL-Saison hatte Hannover-Burgdorfs Manager Benjamin Chatton (36) diesen Impuls. Mitten in der Krise – die Recken hatten von 16 Spielen kein einziges gewonnen und 14-mal verloren – nahm er Kontakt zum renommierten spanischen Coach Antonio Carlos Ortega (46) auf. Der 6-fache Champions-League-Sieger aus Malaga konnte zusammen mit Ex-Weltmeister Iker Romero als Co (36) verpflichtet werden. Die frühe Wende in der Handball-Story aus der Vorstadt.
Erfolgscoach aus Spanien bringt die Recken hoch
Ortega machte aus den müden Kriegern aus Hannover-Burgdorf die „Recken im Superhelden-Modus“, wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung nach dem 32-30-Krimi gegen Magdeburg titelte. Die Handball-Sensation des Jahres. 5 Spiele, 5 Siege – und ein Team, bei dessen Auftritten sich die Fans in der Swiss-Life-Hall verwundert die Augen reiben. Olympiasieger Morten Olsen gibt den dynamischen Antreiber. Torhüter Malte Semisch ist ein sicherer Rückhalt geworden. „Ich habe meinen Spielern gesagt, sie sollen das Schlechte hinter sich lassen“, nennt Coach Ortega bei BILD.DE sein simples Erfolgsrezept.
Spanische Handball-Kunst in Hannover
„Sie bringen eine neue Idee von Handball mit, wie wir sie so noch nicht hatten“, schwärmt Chatton vom spanischen Trainer-Duo, „zum einen versuchen wir, in der Abwehr ein bisschen offensiver zu agieren. Das Angriffsspiel beruht darauf, möglichst wenig Fehler zu machen und die Kreisläufer typisch spanisch besser in Szene zu setzen.“ Das klappt. Dazu kommt die Nervenstärke. Gegen Magdeburg drehten die Recken einen 6-Tore-Rückstand noch um. Torwart Martin Ziemer wehrte 41 Sekunden vor dem Ende einen 7-Meter von Magdeburgs Matthias Musche ab.
Auch der Alt-Kanzler gehört zu den Burgdorf-Fans
Die TSV Hannover-Burgdorf grüßt somit weiter von der Tabellenspitze der HBL. Der Außenseiter hat klammheimlich für eine kleine Handball-Euphorie in der niedersächsischen Metropole gesorgt. Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (73, SPD) und 96-Coach André Breitenreiter (43), mit den Roten in der Fußball-Bundesliga auf Erfolgskurs, waren schon unter den Zuschauern.
Mit Blick auf die sportliche und auch die finanzielle Überlegenheit der Großkopferten in der Handball-Bundesliga wie Kiel, Flensburg oder die Rhein-Neckar-Löwen, versucht Benjamin Chatton die Euphorie zu dämpfen. „Wir konnten das sicherlich positiv überraschen“, sagt er mit typisch-norddeutschem Understatement in einem Feature im Deutschlandfunk, „wir sind gern Tabellenführer, aber ich fürchte aber, bis zum Ende der Saison wird das nicht so bleiben.“ Angesichts des bis zu 3-mal höheren Etats, den beispielsweise der THW Kiel auf das Parkett bringt, peilt man in Burgdorf einen „Platz unter den ersten 10“ an. Chatton sieht noch eine Menge Handlungsbedarf : „Wir müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern und mit einer guten Team-Atmosphäre dagegenhalten.“ Letzteres ist bereits gelungen.
Der Charismatiker Antonio Carlos Ortega führte die TSV Hannover-Burgdorf an die Spitze der Handball-Bundesliga.