Die neue Zeitrechnung im deutschen Handball beginnt bereits einige Monate früher als geplant. Ab Mittwoch übernimmt Christian Prokop als Nachfolger von Europameister–Macher Dagur Sigurdsson das Ruder bei der DHB-Auswahl. Bis zum Saisonende bleibt der 38-Jährige aber in Doppelfunktion für den Bundesliga-Klub SC DHfK Leipzig verantwortlich und muss damit einen Spagat meistern.
Durch das Entgegenkommen der Sachsen hat der neue Handball-Bundestrainer schon vor seinem 1. Spiel etwas gewonnen: Etwa 2,5 Monate! Wichtige Zeit, um Vorarbeiten mit Blick auf die im Mai weitergehende EM-Qualifikation einzuleiten. Eigentlich war die Übernahme von Christian Prokop erst kurz vor dem wichtigen Spiel gegen den WM-Dritten Slowenien (3.5.) in Ljubljana vorgesehen – keine optimalen Voraussetzungen.
Der Mann, den DHB-Baumeister Bob Hanning in hartnäckigen Verhandlungen für rund € 500.000 aus Leipzig losgeeist hatte, weiß selbst um die gestiegenen Ansprüche nach der Ära Dagur Sigurdsson.
Doppel-Test gegen Schweden zum Einstand

Trotz des bitteren Ausscheidens im WM-Achtelfinale zu Jahresbeginn übernimmt Prokop die „Bad Boys“ in ihrer Blütezeit. „Der Lehrgang und Länderspiele gegen Schweden werden uns helfen, eine gute Basis für die weiteren Aufgaben zu schaffen“, betont der gebürtige Köthener. Seinen Einstand gibt der Sigurdsson-Nachfolger am Samstag (ab 14:00 Uhr) in Schweden. Einen Tag später geht es in Hamburg erneut gegen die mit einigen Bundesligaprofis gespickten Skandinavier.
Christian Prokop schont dagegen einige Leistungsträger, die mit dem THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen in der EHF-Champions League vertreten sind. Der studierte Lehrer will das große Potenzial des Kaders ausschöpfen und nominierte unter anderem Torwart Carsten Lichtlein (VfL Gummersbach) und Kreisläufer Manuel Späth (Frisch Auf Göppingen) nach. Als Debütant zählt Florian Billek, Rechtsaußen vom HSC 2000 Coburg, zum Aufgebot.
Mit Leipzig im Pokal vor dem großen Wurf
Ähnlich wie der Isländer Sigurdsson gilt auch der mit einem 5-Jahres-Vertrag ausgestattete Prokop als detailverliebter Analytiker. Der studierte Lehrer soll das Europameister-Team von 2016 weiterentwickeln und in den nächsten Jahren zu Titeln führen. Als großes Fernziel planen Bob Hanning und Co. bereits für die „Mission Gold“ bei den olympischen Spielen in Tokio 2020.
Für den neuen Bundestrainer kommt es zunächst darauf an, die ansehnliche Entwicklung beim SC DHfK Leipzig nicht zu vernachlässigen. Als Entwicklungshelfer hatte Christian Prokop (zuvor bei TUSEM Essen) den Verein zum Aufstieg und im aktuellen 2. Bundesliga-Jahr bis auf Rang 6 geführt. Im DHB-Pokal schafften es seine Leipziger sogar bis ins Halbfinale, wo am 8. April der 9-fache Pokalsieger aus Kiel wartet. Gelingt der Einzug in das Endspiel, setzt der 38-Jährige noch vor dem nächsten großen Turnier mit den Bad Boys ein dickes Ausrufezeichen.