„Schau hin(auf), Paris“, rufen die französischen Gazetten dem Rest der Welt zu. Gesegnet mit 2,24 (!) Metern dunkt Victor Wembanyama lässig über seine Gegenspieler und bietet auch genügend Projektionsfläche, damit sich Staatspräsident Emmanuel Macron im französischen Basketballer sonnt. Was ist medaillentechnisch der Maßstab für „Wemby“ bei den Sommerspielen?
Eine Woche Sommerspiele unter dem Eiffelturm liegt hinter uns. Das Bild, das um die Welt geht, stammt jedoch eher aus Lille. Genauer gesagt aus dem zur Basketball-Arena umfunktionierten Stade Pierre-Mauroy. Darauf zu sehen: Yuki Togashi und Victor Wembanyama. Und weil der 1,67 Meter kleine Japaner in gebückter Haltung „verteidigt“, wirkt der Größenunterschied zwischen den beiden sogar noch kolossaler als die eigentlichen 57 Zentimeter.
Einer umgeht das „Dreamteam“: Wegweisendes Duell gegen Deutschland
Selbst die Größten der Basketball-Größen fürchten das Gesamtpaket Wembanyama, der sich als Sohn eines Dreispringers aus dem Kongo und einer Basketballspielerin gleichzeitig so graziös auf dem Court bewegt. Vor einem „Alien“ warnt LeBron James. Kevin Durant, in seiner Prime bei den Golden State Warriors einst der beste Isolation-Scorer der Welt, nennt den Franzosen mit den Kraken-Armen (2,43 Meter Spannweite) nur „The Problem“.
Wann sich das Duo und ihr „Dreamteam“ mit besagtem Problem auseinandersetzen dürfen, liegt auch in der Hand unserer Korbjäger. Mit je 4 Punkten konnten Deutschland und Frankreich ihr Paris-Ticket – die Accor Arena ist der Schauplatz der Finalrunde – bereits lösen. Offen ist vor dem direkten Duell nur noch der Gruppensieg und der daraus resultierende Turnierbaum.
Als Gruppensieger würde der dreimalige Silber-Medaillengewinner (1948, 2000, 2020) den US-Boys bis zum Finale aus dem Weg gehen. Gleiches gilt selbstredend im Falle eines Sieges für Dennis Schröder und Co., die gegenüber den Franzosen bislang einen stabileren Eindruck hinterlassen haben – speziell im Japan-Spiel (97:77).
Veränderter Gameplan für die 4. Medaille und Wembanyama-Rekord?
Die Bookies sehen den amtierenden Basketball-Weltmeister mit 3,5 Punkten (Spread-Quote: 2.00) vorne. Rückblickend sei jedoch daran erinnert: Beim deutschen WM-Coup in Fernost stand Victor Wembanyama ebenso wenig auf dem Court wie bei der 65:70-Testspiel-Niederlage gegen das DBB-Team unmittelbar vor den Sommerspielen. Mit dem Fokus pro Rookie-Saison im Trikot der San Antonio Spurs und gegen die WM machte der 20-Jährige augenscheinlich vieles richtig.
Der Auftakt der Franzosen ins Basketball-Turnier mag nicht dominant gewesen sein, zeigte jedoch im Hinblick auf ihr Ausnahmetalent: Das Passing Game hat sich schneller weiterentwickelt, als viele dachten. Ob Coach Vincent Collet den Gameplan umstellt, wonach der Ball bislang eher weiter weg vom Korb in „Wembys“ Hände gelegt wird? Rückt er in der Team-Hierarchie als klare 1. Scoring-Option vor Rudy Gobert?
Auch ohne einen starken Ball Handler, wie ihn die „Grande Nation“ über Jahre in Spurs-Legende Tony Parker hatte, besitzt der Gastgeber mehr Upside als viele der anderen Viertelfinalisten in Paris. Wir meinen: Bronze ist Maßstab, mit etwas Matchglück Silber. Beide Szenarien würde Wembanyama zum jüngsten französischen Basketballer mit einer Medaille machen würde. Als das Team zur Jahrtausendwende in Sydney das Finale (75:85 gegen die USA) erreicht hatte, gehörte Parker (18) schon zum Dunstkreis, war jedoch nicht nominiert.