Im Weltfußball ist der große Revolutionswahn ausgebrochen. Nach der bereits beschlossenen WM-Aufstockung auf 48 Mannschaften stehen nun teilweise gravierende Änderungen (mögliche Abschaffung der Abseitsregel oder auch sogennante Shootouts bei Unentschieden) zur Diskussion. Die Einführung von Zeitstrafen statt Gelben Karten stößt in der Bundesliga noch auf den meisten Zuspruch.
Zum Restrunden-Auftakt in der Bundesliga griffen die Schiedsrichter einige Male durch. Albin Ekdal vom Hamburger SV kassierte innerhalb von 6 Minuten die Gelb-Rote Karte, die Torhüter Jaroslav Drobny und Lukas Hradecky flogen direkt mit „Rot“ vom Platz. Dazu verteilten Manuel Gräfe und Co. – die Partie zwischen Mainz und Köln am Sonntagabend nicht einberechnet – noch 24 Gelbe Karten. Schließlich gab es sie mal wieder: Die kleinen taktischen Fouls, die einen gefährlichen Konter oder einen schnellen Angriff im Keim erstickten.
Nach Nagelsmann: Weitere Trainer wollen Änderung
Von solchen Situationen zeigt sich Julian Nagelsmann zunehmend genervt. Der Trainer der TSG 1899 Hoffenheim gilt bekanntlich als Verfechter von Offensivfußball mit schnellem Umschaltspiel. Zu Jahresbeginn hatte sich der 29 Jahre junge Coach bereits für eine Regeländerung in solchen Fällen ausgesprochen. Nach seiner Idee sollte ein Spieler bei einem taktischen Foul keine Gelbe Karte mehr, sondern eine 5-minütige Zeitstrafe erhalten. Dieses Zuspiel nahm Marco van Basten, seinerseits technischer Direktor bei der FIFA, gerne auf.
Die Vorschläge und Ideen des früheren holländischen Nationalspielers gehören in diesen Tagen zu den häufigsten Gesprächsthemen unter Fans, Spielern oder Trainern. Unterstützung erhält Nagelsmann jetzt von Ralph Hasenhüttl (RB Leipzig):
„Eine Zeitstrafe würde wesentlich mehr helfen als eine Gelbe Karte, die dann zwei oder drei Spieltage später erst dem Gegner schadet.“
BVB-Coach Thomas Tuchel, der bereits die zusätzliche Auswechseloption im DFB-Pokal befürwortete, sind mehr als 20 Fouls während einer Begegnung ohnehin ein Dorn im Auge. Der 43-Jährige plädiert für eine Art Foulobergrenze. Ist eine bestimmte Zahl erreicht, soll die Zeitstrafen-Regel greifen.
Vergleiche mit Handball oder Eishockey hinken
In anderen deutschen Sportarten zählen Zeitstrafen bereits zur gängigen Praxis. Im Handball und Eishockey vergeben die Schiedsrichter in der Regel 2-Minuten-Zeitstrafen, bei schweren Fouls auch manchmal 2+2. Doch in wie weit wären die Vorteile auf den Fußball übertragbar? Der in Überzahl entstehende Powerplay-Effekt dürfte in der Bundesliga nicht selten – ohne Torerfolg für ein Team – verpuffen.
Ob Zeitstrafen zu insgesamt mehr Fairness führen, scheint ebenfalls fraglich. Einige Spieler würden sich wohl nicht nur im gegnerischen Strafraum häufiger mal zu einer Schwalbe hinreißen lassen. Die Regelauslegung für Torhüter, die bisher für kleinere Vergehen die Gelbe Karte bekommen haben, könnte ebenfalls zu einem Streitpunkt werden. Klar ist also: Die Einführung von Zeitstrafen wäre nicht ganz so einfach möglich und würde zweifelsohne weitere Änderungen mit sich bringen.