Zwar hat die TSG Hoffenheim mit Huub Stevens gerade erst einen neuen Cheftrainer eingestellt, aber der erfahrene Holländer ist nur eine Übergangslösung bis zum Sommer. Danach übernimmt der erst 28-Jährige Julian Nagelsmann seinen ersten Cheftrainer-Posten bei einem Profiverein. Doch wer ist dieses Trainertalent überhaupt? Wir stellen Euch den Newcomer vor.
Die Meldung schlug ein wie eine Bombe. Huub Stevens soll die TSG Hoffenheim nur vor dem Abstieg retten, danach übernimmt Julian Nagelsmann den Trainerposten. „Huub Stevens ist die Gegenwart, Julian Nagelsmann ist die Zukunft“, sagte TSG-Sportchef Alexander Rosen auf einer Pressekonferenz. Julian wer? Der erst 28-Jährige ist wahrscheinlich nur Insidern ein Begriff, obwohl er in seiner noch nicht sehr langen Vita bereits einige Erfolge vorweisen kann.
Eigentlich wollte Nagelsmann selbst Profi werden, doch zahlreiche Verletzungen in der Jugend zwangen ihn, früh die Stiefel an den Nagel zu hängen. Er kickte in den Juniorenabteilungen von 1860 München und dem FC Augsburg. Nach einem Knorpelschaden im Alter von 20 Jahren beschloss er mit dem aktiven Fußball aufzuhören, noch eh seine Karriere so richtig in Schwung kam. Weil er bereits zuvor aufgrund diverser Verletzungen des Öfteren zum Zuschauen gezwungen war, beschäftige er sich nebenbei mit den Aufgaben eines Trainers. In dieser Zeit reifte für ihn die Überlegung, es selbst als Übungsleiter zu probieren. „Auf dem Platz war ich stets Führungsspieler. Verletzungspausen habe ich dazu genutzt, mich in die Trainerrolle hineinzudenken“, sagte er schon im Februar 2013. Damals hatte er in einem Interview die Bundesliga als Ziel ausgegeben, aber nicht mit dem Wissen, dieses bereits 3 Jahre später zu erreichen.

Ein großer Förderer von ihm war Dortmunds heutiger Trainer Thomas Tuchel. Nach seinem Karriere-Aus spannte Tuchel, der damals Trainer der 2. Mannschaft von Augsburg war, den jungen Nagelsmann bei der Gegner-Analyse ein, um ihm weiterhin das Gefühl zu geben, ein wichtiger Teil des Teams zu sein. „Tuchel hat zu meiner Berufswahl beigetragen. Ich habe enorm viel von ihm gelernt“, sagt Nagelsmann über seinen Förderer. Kein Wunder, dass Tuchel und Bayern-Trainer Pep Guardiola zu seinen Vorbildern zählen.
Obwohl Nagelsmann erst 28 Jahre alt ist, hat er eine bemerkenswerte Vita vorzuweisen:
• 01.07.2008 – 30.06.2010 Co-Trainer U17 1860 München
• 01.07.2010 – 30.06.2011 Co-Trainer U17 TSG Hoffenheim
• 01.07.2011 – 31.12.2012 Cheftrainer U17 TSG Hoffenheim
• 01.01.2013 – 30.06.2013 Co-Trainer Profis TSG Hoffenheim
• 01.07.2013 – 30.06.2016 Cheftrainer U19 TSG Hoffenheim
Sein größter Erfolg war die A-Junioren-Meisterschaft mit Hoffenheim 2014, im vergangenen Jahr führte er die Mannschaft erneut ins Finale, verlor dort aber gegen Schalke. Bereits mit 25 Jahren war Nagelsmann für ein halbes Jahr Co-Trainer unter den jeweiligen Cheftrainern Frank Kramer, Marco Kurz und Markus Gisdol bei den Profis in Hoffenheim.
Sein ehemaliger Mentor Tuchel ist von Nagelsmann überzeugt. „Er war schon immer sehr wissbegierig und nicht ganz einfach zu handhaben. Er hat außergewöhnliche Erfolge in der Jugend gefeiert. Ich freue mich sehr für ihn und traue ihm das zu 100% zu“, sagte Tuchel. Allerdings mahnt er auch die TSG: „Julian darf nicht allein gelassen werden vom Verein. Dann kann das klappen. Es muss auch eine Kultur wie im Nachwuchsfußball entstehen, das ist wichtig.“
Dass Nagelsmann auch in jungen Jahren mit gestandenen Bundesliga-Spielern auf Augenhöhe kommunizieren kann, hat er während seiner Co-Trainer-Zeit in Hoffenheim bewiesen. Damals bekam er von Torhüter Tim Wiese den Spitznamen „Baby-Mourinho“ verpasst. Natürlich geht die TSG Hoffenheim mit der Verpflichtung eines so jungen Trainers ein Risiko ein, aber: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Julian Nagelsmann ist das wohl größte Trainertalent in Deutschland. Warum sollte er auf der Trainerbank nicht so einschlagen wie junge Talente auf dem Platz? José Mourinho beispielsweise konnte als Spieler auch keine Erfolge vorweisen und wurde mit 27 Jahren Co-Trainer bei Benfica Lissabon. Der Rest seiner Karriere ist bekannt.
Übrigens: Mit 28 Jahren löst Nagelsmann Hannovers Karl-Heinz Mühlhausen als jüngster Cheftrainer der Bundesliga-Geschichte ab, der 1968 bei seinem Debüt 30 Jahre alt war. Nur Interimstrainer Bernd Stöber war 1976 jünger. Stöber saß mit 24 Jahren für ein Spiel als Coach des 1. FC Saarbrücken auf der Bank.