Überraschungs-Transfer in der Bundesliga: Torhüter Sven Ulreich wechselt vom VfB Stuttgart zum FC Bayern München. Ganz Deutschland fragt sich: Warum wechselt der Stammkeeper der Schwaben im besten Fußballalter zum Rekordmeister, um dort als Bankdrücker zu versauern?
Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde Sven Ulreich von einigen Experten in die Nationalmannschaft gefordert. Ex-Torwart Uli Stein war einer, der diese Meinung vertrat. „Er ist auf der Linie stark, er spielt gut mit – er ist ein kompletter Torhüter. Marc-André ter Stegen und Ron-Robert Zieler stagnieren in ihrer Entwicklung, da hat Ulreich die Nase vorn. Stand jetzt gehört er in die Nationalelf“, sagte Stein in einem Interview im September 2013. Jetzt, anderthalb Jahre später, runzelt ganz Fußball-Deutschland die Stirn, warum ein Mann mit so viel Potential freiwillig als Ersatztorwart nach München wechselt.
Keine Frage: Der FC Bayern ist ein Weltklub, dessen Ruf ein Spieler nur schwer widerstehen kann. Titelgewinne sind mit den Münchnern garantiert und auch von dem Gehalt wird Ulreich mehr als gut leben können. Thomas Müller behauptete vor einiger Zeit in einem Interview, dass das Trainingsniveau beim FCB oftmals höher als in manch einem Bundesligaspiel sei. Vielleicht kann Ulreich sogar etwas von Manuel Neuer lernen. Aber entschädigen diese Argumente dafür, dass er so gut wie keine Spielpraxis erhalten wird – und zwar über Jahre? Es ist ja wohl ziemlich sicher, dass Manuel Neuer in den nächsten vier bis fünf Jahren nicht als Nummer 1 im Tor der Bayern zu verdrängen ist. Um in München das Leben auf der Bank zu genießen, dafür ist Ulreich einfach noch zu jung. Er gibt seine sportlichen Ambitionen auf und entscheidet sich für Titel, Geld und ein wenig Prestige.
Mats Hummels sagte einmal: „Ich hole lieber eine Meisterschaft als wichtige Figur, als vier Meisterschaften als Teilzeitkraft.“ Zugegeben: Die Meisterschaft ist beim VfB Stuttgart momentan kein Thema, doch wer weiß, was die Zukunft bringt? Mit dem Wechsel nach München entscheidet sich Ulreich für den leichten Weg zu Titeln in der Vita und einem gut gefüllten Konto. Dass er seiner Bundesliga-Karriere damit womöglich ein Ende setzt, nimmt er in Kauf. Nach Vertragsende ist der Torhüter 29 Jahre alt. Es ist fraglich, ob Ulreich in diesen Zeiten, in der die Spieler immer jünger werden, nach drei Jahren Reservistendasein nochmal die Nummer 1 bei einem Bundesligaverein wird.
Der eigentliche Gewinner dieses Transfers ist natürlich der FC Bayern. Mit Ulreich kommt ein guter Torwart, der über die Erfahrung von 176 Bundesligaspielen verfügt. Für die nächsten Jahre ist der Klub auf der Position hinter Manuel Neuer exzellent besetzt und kann vorbehaltslos auch mal einen Neuer-Ausfall verkraften. Die € 3,5 Millionen Ablösesumme für Ulreich sind eine gute Investition für die Planungssicherheit auf der Torwartposition für die Zukunft. Ein Gespann Neuer/Ulreich – es gibt wohl kaum bessere Konstellationen zwischen den Pfosten.