Vorbild St. Pauli: Erfolgreich gegen den Trend
Vorbild St. Pauli: Erfolgreich gegen den Trend

Vorbild St. Pauli: Erfolgreich gegen den Trend

5 Siege in Folge, Klassenerhalt praktisch perfekt und Planungssicherheit geschaffen: Im nervenaufreibenden Abstiegskampf der 2. Bundesliga hat sich der FC St. Pauli vorzeitig gerettet. Was nimmt der Kulturverein vom Hamburger Kiez aus dieser lange verkorksten Saison mit? Seinem Image als Irgendwie anders-Klub machte St. Pauli mal wieder alle Ehre!

Die Meilensteine aus Sicht des FC St. Pauli in dieser Saison sind schnell erzählt. 14. Spieltag: 0:2 in Heidenheim, 10. Niederlage im 14. Spiel. Als Tabellenletzter krebsen die Hamburger in die Winterpause – „Dreier“ gab es in dieser Zeit (fast) nur auf der Reeperbahn. Ein halbes Jahr später ist von der Verunsicherung im Team keine Spur mehr. Abgezockt gewinnen die Kiezkicker die schon als „Endspiel“ ausgerufene Auswärtspartie beim 1. FC Kaiserslautern am Freitagabend 2:1.

Vertrauen in Trainer-Routinier Lienen belohnt

Ewald Lienen kann nun die Personalplanungen für die neue Saison angehen.

Nein, während der Winterpause wurde nicht der halbe Kader umgekrempelt. Wo anderenorts längst die Mechanismen im modernen Geschäft gegriffen hätten, blieb Trainer Ewald Lienen im Amt. St. Pauli ist in vielerlei Hinsicht der Klub, der gerne gegen den Strom schwimmt. Denn die Vereinsführung wusste: Irgendwo zwischen zahllosen Zetteln hat Lienen noch einen Plan versteckt.

Winterneuzugänge wie der vom SC Freiburg ausgeliehene Mats Möller Daehli trugen zur Trendwende bei. Entscheidender Faktor für den Klassenerhalt blieb Ewald Lienen. Der 62-Jährige stellte unter beweis, dass er noch immer Spieler individuell weiter entwickeln kann. Zum Beispiel: Christopher Buchtmann. Der 25-Jährige zeigt seine beste Halbserie seit dem Wechsel vom 1. FC Köln zu den Hamburger im Jahr 2012. In Kaiserslautern traf er zum wichtigen 2:0.

Im Saisonfinale winkt noch eine Bestmarke

Mit 6 Treffern ist der Mittelfeldmotor inzwischen zweitbeste St. Pauli-Schütze hinter Aziz Bouhaddouz (15). Die anfällige Abwehr um Kapitän Sören Gonther bekam der erfahrene Coach ebenfalls in den Griff. Nur so gelang eine Halbserie mit 30 Punkten bei einem Torverhältnis von 24:9 – das bedeutet Platz 3 in der Rückrundentabelle. Abgeläutet ist die Saison für die Spieler durch den Klassenerhalt noch nicht.

„Wir können noch den Rekord für Punkte in einer Halbserie aufstellen“, gibt Mittelfeldspieler Bernd Nehrig die Marschroute vor. 4 Zähler sind aus den Partien gegen Greuther Fürth und beim VfL Bochum nötig, um die Bestmarke aus der Hinrunde der Aufstiegssaison 2009/10 (33) zu übertreffen.

Doch ob mit oder ohne Rekord: In Sachen Kontinuität taugt St. Pauli schon jetzt zum Vorbild für andere Traditionsvereine. In brenzlichen Situation neigen die Klubs zu blindem Aktionismus – oft zu schnell und ohne Erfolg. Der Karlsruher SC mischte munter mit beim großen Trainer, wechsel dich-Spielchen. Am Ende steht der 3. Abstieg in Liga 3. Arminia Bielefeld hat in dieser Saison ebenso 2 Trainer (Rüdiger Rahm und Jürgen Kramny) verschlissen und verpasst wohl im 2. Jahr nach dem Aufstieg den Klassenerhalt.

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