Völler: Bayer-Krise ist Rudi-Krise!
Völler: Bayer-Krise ist Rudi-Krise!

Völler: Bayer-Krise ist Rudi-Krise!

Die Fallhöhe bei Bayer 04 Leverkusen ist groß: Platz 8 nach der Hinrunde, im CL-Achtelfinale, nun nach 1 Sieg aus den letzten 10 Spielen als 16. der Rückrundentabelle und der vergebenen Option „Trainerwechsel“ im Abstiegskampf. Bayer-Sportdirektor Rudi Völler hat bereits eine „knallharte Analyse“ nach Saisonende angekündigt – doch auch der Weltmeister wird sich hinterfragen müssen.

Rudi Völler war einer der wenigen Leverkusener, die sich nach dem 1:4-Heimdebakel gegen den FC Schalke 04 den Journalisten stellte. Das ehrt ihn. „Es ist ganz wichtig, dass man jetzt die Spieler aussiebt, die die Nerven behalten“, erklärte der Bayer-Sportdirektor bei Sky.

Mit Luxus-Kader in den Abstiegskampf…

Bayer 04 Leverkusen, als  „größtes Versprechen der neuen Saison“, mit Neuzugängen für fast € 60 Mio. und mit dem mit einem Marktwert von mehr als € 270 Mio. teuersten Kader aller Zeiten ins Rennen gegangen, muss sich einer Situation stellen, die man eigentlich nicht kennt: Abstiegskampf.

Lange schien man in Leverkusen über jeglichen Zweifel erhaben. Das Pokal-Aus gegen Lotte aus der 3. Liga wurde als Betriebsunfall deklariert. Büßte man wertvolle Heimpunkte ein wie beim 3:3-Spektakel gegen den VfL Wolfsburg, suchten die Verantwortlichen um Rudi Völler die Schuld beim Referee und teilten erst einmal verbal aus. „So ist halt diese verfluchte Saison“, ärgerte sich Völler nach dem Spiel gegen die Wölfe. „Da ist sie wieder: Die ominöse höhere Macht, die Bayer in dieser Spielzeit davon abhält, nachhaltig erfolgreich zu sein“, unkte die Zeitung Rheinische Post, „mit einer nüchternen Analyse hat diese Aussage freilich wenig zu tun.“

Völler und Co. im Trainer-Dilemma

Stimmt. Gab es Kritik an Trainer Roger Schmidt, so verteidigten die Bayer-Bosse den umstrittenen Sauerländer, bis es gar nicht mehr anders ging. Dass man sich letztlich zu spät von Schmidt trennte, machen viele Bayer-Insider Völler nun zum Vorwurf. Mit der Verpflichtung von Tayfun Korkut im März 2017, der von Anfang an als Interimslösung präsentiert wurde, torpedierten Völler und Co. dessen Autorität vom Start weg. Dass Korkut nur 1 von 9 Pflichtspielen gewann und dass damit die Option „Trainerwechsel“ wirkungslos verpuffte, verstärkt das Dilemma.

Bayer 04 fehlt es an Führungskräften

Noch gravierender: Die falsche Kaderplanung. Bayer fehlen die Führungsspieler! Der für € 18 Mio. aus Kiew als Abwehrchef geholte Österreicher Aleksandar Dragovic konnte – bei 18 Liga-Spielen – diesen Anspruch ebenso wenig erfüllen wie der aus Hoffenheim gelockte Stürmer Kevin Volland, dessen Dienste man sich € 20 Mio. kosten ließ. Der im Winter vom KRC Genk für € 13,5 Mio. verpflichtete Leon Bailey fiel bislang nur durch eine medienträchtige Pöbelei mit dem Profiboxer Atif Ribera auf. In der Liga blieb der 19-jährige Linksaußen in 5 Spielen ohne Tor-Beteiligung.

„Wir werden uns der Kritik stellen müssen, auch ich selbst“, sagte Völler am 1. Mai in einem dpa-Interview, „die Kritik muss ich und werde ich akzeptieren, nach der Saison wird es eine knallharte Analyse geben.“

Völler gibt sich einsichtig

Für Rudi Völler, als Spieler und als DFB-Teamchef absoluter Publikumsliebling, ist die komfortable Ausgangslage der Bayer-Elf vor der Saison – Leverkusen schloss keines der letzten 5 Spieljahre schlechter als Platz 5 ab – der Hauptgrund für den schwierigen Umgang mit dem Abstiegskampf. Bayer Leverkusen befand sich zu lange in einer Komfortzone. „Für alle war doch klar, für Experten, aber auch für mich, dass es dieses Mal eine etwas ruhigere Saison werden könnte“, erklärt Völler, „aber im Fußball passieren die Dinge nicht immer nach logischen Gesichtspunkten.“ Genau deshalb ist die Situation – einen ähnlichen Absturz vom CL-Finalisten zum Beinahe-Absteiger erlebte Bayer 04 im Jahr 2002/2003 – 3 Spieltage vor dem Saisonende für Leverkusen so gefährlich.

Die Bayer-Krise ist auch Völlers Krise. Ein Abschied des Sportdirektors – Vertrag bis 2022 – nach dieser verkorksten Saison erscheint unwahrscheinlich. Wie auch immer es ausgeht, Rudi Völler hat eine Lehre aus dem Chaos-Jahr schon gezogen: „Man muss eine solche Saison auch dafür nutzen, demütiger zu werden.“

Nach dem Spiel gegen Schalke (1:4) hatten die Leverkusener Fans noch viele Fragen…
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