Es war eigentlich ein offenes Geheimnis und trotzdem trifft es den VfL Wolfsburg mit Wucht: Am Dienstagabend bestätigte der Aufsichtsrat des angeschlagenen VW-Konzerns die Etatsenkung bei seinem Fußballklub. Bei den „Wölfen“ beginnt damit eine dunkle und unangenehme Zeitrechnung.
Das aktuelle Budget des VfL Wolfsburg von fast € 100 Mio. schrumpft im Zuge des Abgas-Skandals nicht nur um rund 25 Prozent. Eine Obergrenze für Gehälter sowie Ablösesummen bei Transfers ist wohl ebenfalls beschlossene Sache. „Wir leisten unseren Beitrag für Volkswagen und werden dies auch in Zukunft tun“, sagte VfL-Geschäftsführer Wolfgang Hotze, der die Niedersachsen aber für die Zukunft trotzdem gut aufgestellt sieht.
Gustavo, Rodriguez und Gomez wohl zu teuer
Auch mit einem € 60 bis 70 Mio-Etat kann der VfL Wolfsburg natürlich noch im oberen Drittel der Bundesliga mitmischen, in einem außergewöhnlich guten Jahr vielleicht auch mal wieder die Champions League erreichen. Doch die fetten Jahre und die große Perspektive sind erst einmal vorbei. Die Ernennung von Olaf Rebbe, dem vorherigen Assistenten des geschassten VfL-Managers Klaus Allofs, zum neuen Sportdirektor galt bereits in der Winterpause als erster Schritt zur großen Umstrukturierung.
Im Winter hatte der 38-Jährige den Kader nochmals mit Spielern wie Yunus Malli (FSV Mainz 05) oder Ajax-Talent Riechedly Bazoer verstärkt – Kostenpunkt etwa € 30 Mio. Mit Blick auf die kommende Saison muss er aber den Rotstift ansetzen. Weit oben auf der Streichliste steht Top-Verdiener Luiz Gustavo. Neben dem Brasilianer dürften auch Linksverteidiger Ricardo Rodriguez oder Nationalstürmer Mario Gomez oberhalb der neuen Gehaltsgrenze (€ 4 Mio.) liegen.
Neue Duftmarken setzen und Top-Talente halten
Nach Julian Draxler (Paris Saint-Germain) verlassen möglicherweise auch noch andere Stammkräfte wie Maximilian Arnold oder Yannick Gerhardt das sinkende VfL-Schiff. Mit der Perspektive auf eine dauerhafte Europapokal-Teilnahme können die Niedersachsen endgültig nicht mehr locken. Für Olaf Rebbe und Co. geht es nun darum, andere Duftmarken in der Autostadt zu setzen.
Im Jugendbereich bewegen sich „Wölfe“ – auch wenn sich der Bau des neuen Nachwuchsleistungszentrums verzögert – noch immer in der nationalen Spitze. Von 2010 bis 2014 gewann die U 19 die Meisterschaft in der Staffel Nord/Nordost der A-Junioren-Bundesliga, 2 Mal reichte es zum ganz großen Titel. Trotzdem hatten mit Julian Brandt, bei Bayer 04 Leverkusen zum Nationalspieler gereift, immer wieder große Talente dem VfL den Rücken gekehrt.
Aktuell gelten bei den Wolfsburgern die Zwillinge Davide und Gian-Luca Itter (18) als Ausnahmetalente ihres Jahrgangs. Sie bekommen in Zukunft zumindest keine großen Stars mehr vor die Nase gesetzt. Oder wie es Ex-Trainer Dieter Hecking mal in einem etwas anderen Zusammenhang formulierte: „It’s no showtime on the pitch.“ Die große Show mit Schürrle und Co. ist beendet.