Für Trainerlegende Ottmar Hitzfeld ist er „die perfekte Mischung aus Jürgen Klopp und Pep Guardiola“, manchem schwarzgelben Fan ist er zu sachlich. Dortmunds Thomas Tuchel ist seit 500 Tagen im Amt und muss sich stets dem Vergleich mit seinem scheinbar übermächtigen Vorgänger Jürgen Klopp stellen. Und es gibt schon jetzt eine Menge Punkte, die nach 44 Liga-Spielen für ihn sprechen.
Diese feine Spitze konnte sich BVB-Vorstandschef Hans Joachim Watzke nicht verkneifen. „Der Projektleiter für Fan-Nähe“, so der Sauerländer zu den immer wieder vorgebrachten Einwänden, wonach es Thomas Tuchel an Basisnähe fehle, „ist jetzt in Liverpool.“
Gemeint war natürlich der bei den Fans immens beliebte Tuchel-Vorgänger Jürgen Klopp, der seit Oktober 2015 in Anfield wirkt – und dort nichts an Popularität eingebüßt hat.
Klopp war Fan-Liebling, Tuchel ist Pragmatiker
Man mag Thomas Tuchel fehlende Lockerheit attestieren oder gar Humorlosigkeit – Pressekonferenzen mit Klopp erinnerten in Dortmund manches Mal an Fußball-Kabarett – doch im sportlichen Bereich hat der Taktiker den BVB auf Kurs gehalten.
Zwar ist Tuchel trotz der besten Vizemeister-Saison der Liga-Geschichte (78 Zähler) in Dortmund noch ohne Titel, aber auch Klopp konnte den bei seinem Amtsantritt im Sommer 2008 sportlich angeschlagenen Traditionsklub erst im 3. Jahr mit dem überraschenden Gewinn der Deutschen Meisterschaft wieder ganz nach oben führen. Sympathie-Bonus hin, Erfolg-Ära (3 Titel in 7 Jahren)her – diese 5 Punkte sprechen klar für Tuchel:
Erfolgsquote: In seinen ersten 44 BL-Spielen kommt Tuchel in Dortmund auf 29 Siege, 9 Unentschieden und nur 6 Pleiten. Klopp kam im gleichen Zeitraum auf 18 Erfolge, bei 18 Remis. 8-mal verlor der frühere Mainzer Coach mit dem BVB.
Punkteschnitt: Im Schnitt holte die Borussia in den ersten 44 Liga-Spielen mit Jürgen Klopp 1,81 Punkte pro Spiel. Tuchel bringt es im gleichen Bemessungszeitraum auf 2,18 Zähler pro BL-Spiel.
Tore & Gegentore: Unter Tuchel steht der BVB für Offensive pur: 107 Tore erzielte man in 44 BL-Spielen, das macht 2,43 Treffer pro Partie. Die Ausbeute unter Klopp im gleichen Zeitraum: 70 Tore (1,59 pro Spiel), den „Vollgasfußball“ (O-Ton Klopp) gab es unter ihm erst ab 2010. In Sachen Gegentore liegt Tuchel (46) knapp vor seinem Vorgänger (51).
Europacup: „Kloppo“ scheiterte in seinem ersten Jahr mit dem BVB schon in der 1. Runde der Europa League an Udinese Calcio. Tuchel erreichte mit Dortmund in seiner Premierensaison das EL-Viertelfinale, wo er ausgerechnet gegen Klopps FC Liverpool (4:5 in der Addition) seine bislang schmerzlichste Niederlage hinnehmen musste.
Derby: Die Dynamik des Revier-Klassikers gegen den FC Schalke 04 lernte Klopp im September 2008 bei einer fulminanten 3:3-Aufholjagd kennen. Er konnte allerdings keines seiner ersten 3 Derbies gewinnen. Tuchel blieb im ersten Vergleich mit Schalke am 8. November 2015 mit 3:2 obenauf, in 2 weiteren Duellen mit „Königsblau“ ist der BVB mit ihm ungeschlagen (2:2, 0:0).
Wann gelingt Tuchel ein Sieg gegen Bayern?
Klopp und Tuchel – so unterschiedlich sie charakterlich auch sein mögen: Unter beiden Trainern steht der BVB für attraktiven Fußball. Und: Am Samstag (18.30 Uhr) will Thomas Tuchel endlich das schaffen, was Klopp gleich bei seinem ersten Auftritt am 23. Juli 2008 im DFL-Supercup gelang: Ein Sieg gegen den FC Bayern.