Die Investitionsoffensive aus Fernost hat auch in der englischen Fußball-Eliteliga für Unruhe gesorgt. Durch die scheinbar unbegrenzten finanziellen Mittel der Investoren aus der Chinese Super League wackelt in diesem Transfer-Winter praktisch jeder Premier-League-Star. Oscar und John Obi Mikel sind schon weg, Diego Costa könnte der Nächste sein.
Die Fans von Shanghai IPG bereiteten ihrem Neuzugang Oscar am 3. Januar am Flughafen einen triumphalen Empfang. Der Brasilianer war für € 60 Mio. vom FC Chelsea in die Chinese Super League gelockt worden – und ließ seinen Trainer Antonio Conte ratlos zurück.
Wenger ist sicher: „Chinesen können eine ganze Liga holen“
„Der chinesische Markt“, sinnierte Chelseas italienischer Coach, „ist eine Gefahr für uns alle. Nicht nur für Chelsea, sondern für alle Teams der Welt.“ Sein Londoner Trainerkollege Arsene Wenger vom FC Arsenal schlägt in die gleiche Kerbe. Seine Horrorvision: „Die chinesischen Klubs könnten die Spieler einer ganzen Liga von Europa nach Asien transferieren. Es geht um die Wirtschaftskraft – und die haben sie.“
Könnte man so sehen. Seit Staatspräsident Xi Jinging die „Wiederbelebung des Fußballs“ im Reich der Mitte ausgerufen hat, hat China den Transfermarkt quasi überschwemmt. Seit 2011 stieg das Investitionsvolumen der 16 Klubs umfassenden Chinese Super League von € 20 Mio. auf gigantische € 540 Mio. im Gesamt-Jahr 2016 – für 95 ausländische Spieler.
In diesem Winter – das Transfer-Fenster ist in China noch bis Februar offen – wurden bereits € 250 Mio. investiert. Möglich sind diese Deals deshalb, weil praktisch hinter jedem Klub riesige Unternehmen stehen. Wie bei Guangzhou Evergrande, dem Meister von 2011 und Ex-Klub von BVB-Stürmer Lucas Barrios. Der Verein gehört dem größten chinesischen IT-Unternehmen sowie der Immobiliengruppe Evergrande. Dazu kommt ein mit € 1 Mrd. dotierter TV-Vertrag, der noch 5 Jahre läuft.
Tevez wird zum Rekordverdiener
Neben Oscar holte Shanghai auch den Brasilianer Hulk von Zenit St. Petersburg für € 55 Mio. Damit brach der Stürmer den bisherigen Transfer-Rekord seines Landsmannes Alex Teixeira, der im Vorjahr für € 50 Mio. von Schachtjor Donezk zu JS Suning wechselte. Für den Belgier Axel Witsel legte SH Shenhua zu Jahresbeginn € 20 Mio. auf den Tisch. Selbst der betagte Ex-England-Profi Carlos Tevez , bei Manchester City durch etliche Eskapaden ein Nerv-Faktor, war SH Shenhua € 10,5 Mio. wert, die man an die Boca Juniors überwies. Der Argentinier wurde mit einem Jahresgehalt von € 36 Mio. zum neuen Rekordverdiener im Fußball. Transfer-Irrsinn süß-sauer!
Wer ist der nächste Star aus der Premier League?
Der chinesische Markt – eine Entwicklung, die die Premier League zittern lässt. Für 3 Profis aus der englischen Eliteliga zahlten die Chinesen schon € 75,5 Mio. Auch den Nigerianer John Obi Mikel zog es in dieser Woche nach Fernost: Tianjin TEDA FC verpflichtete den Chelsea-Spieler per 3-Jahres-Vertrag. Die Liga, die die Chinesen neben der Premier League, das belegt der vom Portal Transfermarkt.de aufgezeigte Transferstrom, noch stärker im Visier haben, ist die russische Premier Liga (€ 82,8 Mio.).
Aufatmen kann man in England noch lange nicht. Shenhua soll an Watford-Mittelstürmer Odion Ighalo dran sein. Dem FC Chelsea wäre eine Vertragsverlängerung mit dem in Brasilien geborenen Angreifer Diego Costa, der Medienberichten zufolge von Tianjin Quanjian umworben wird, sehr genehm.
„Das sind schon unglaubliche Summen“, sagt Ex-Bundesligaprofi und China-Legionär Zvejzdan Misimovic in einem Sport Bild-Interview (aktuelle Ausgabe), „aber das Geld ist da, wobei ich denke, dass die Grenze so langsam erreicht ist.“