Alles Totti in Rom? Keineswegs! Die Roma-Legende hat Rücken – und im 24. und letzten Profi-Jahr droht Francesco Totti ein unwürdiges Szenario. Demontiert von Roms Trainer Luciano Spalletti, wirkt der Weltmeister wie ein Relikt aus vergangenen Fußballzeiten.
Francesco Totti machte den Tevez. Als ihn Roma-Coach Luciano Spalletti eine Viertelstunde vor dem Ende der Serie-A-Partie beim US Palermo (3:0) einwechseln wollte, blieb der Altstar – wie einst Manchester Citys Argentinier Carlos Tevez im September 2011 in München – einfach auf der Bank sitzen. Glaubwürdig klang Spallettis Erklärung hinterher („Er sagte, er habe beim Warmmachen Rückenschmerzen gespürt, da habe ich eben einen anderen Spieler gebracht“) nicht. Vielmehr war der Roma-Trainer bemüht, nicht noch mehr Flurschaden anzurichten: „Es ist mir lieber, nichts dazu zu sagen, sonst wird das gegen mich verwendet“.
Totti ist Kult – nicht nur in Rom
Könnte man so handhaben. Denn Francesco Totti ist in Rom eine Legende – und gilt in der ewigen Stadt als beinahe so populär wie Papst Franziskus. Als er am 1. Januar 1993 seinen ersten Profivertrag bei seinem Ausbildungsverein AS Rom unterschrieb, war sein heutiger Coach Spalletti selbst noch Spieler beim FC Empoli.
Seine Dialoge mit Journalisten („Was halten Sie von dem Motto Carpe Diem?“ – „Was soll der Scheiß, ich kann kein Englisch!“) gelten als legendär, auf der Roma-Geschäftsstelle hat Totti sogar sein eigenes Büro. Die Zeitung Il Romanista sieht ihn als „Bezugspunkt einer ganzen Stadt, eines Volkes, einer Mannschaft.“ Nicht ohne Grund. Mit 611 Partien in der Serie A ist er hinter seinem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Paolo Maldini (Milan / 647 Spiele) der Akteur mit den meisten Einsätzen in der italienischen Liga. In der ewigen Torschützenliste von Italiens Fußball-Eliteliga liegt nur Lazio-Legende Silvio Piola (274 Treffer) vor dem 250-fachen Liga-Torschützen Francesco Totti.
Totti: Etwas mehr Respekt, bitte!
Nach 24 Profi-Jahren, 1 Weltmeistertitel, 1 italienische Meisterschaft (2001 / 1. Roma-Titel nach 18 Jahren) und 2 nationalen Pokalsiegen (2007 und 2008) kämpft der Publikumsliebling der Roma dieser Tage inzwischen nur noch um einen würdigen Abschied.
„So kann ich nicht hier bleiben. Es tut weh, nur auf der Bank zu sitzen“, klagte Totti italienischen Journalisten schon Anfang 2016 sein Leid, „ich verstehe zwar, dass ich in meinem Alter weniger spiele. Aber so meine Karriere zu beenden, wäre schlecht – für mich als Spieler und auch für das, was ich dem Klub alles gegeben habe. Ich erwarte mehr Respekt für alles, was ich hier getan habe!“
Unter Spalletti wurde Totti zum Auslaufmodell
Mit dem Respekt für das lebende Fußballdenkmal war es seit der erneuten Ankunft von Coach Spalletti – er wirkte von 2005 bis 2009 schon einmal in der italienischen Hauptstadt – ab Januar 2016 nicht weit her. Tottis Einsatzprotokoll seitdem: 2015/2016 bestritt der Sturm-Veteran nur 13 Spiele in der Serie A, davon 2 in der Startelf. In dieser Saison waren es nur 11 Einsätze (1 Spiel in der Anfangsformation), bei nur 280 gespielten Minuten. Aber: Fehlte Totti im Vorjahr verletzungsbedingt 14-mal, so verpasste er in diesem Jahr gerade mal 7 Partien nach Blessur oder Erkrankung. In 20 Liga-Spielen seit 2016 ließ ihn Spalletti 90 Minuten auf der Bank. Ein klares Indiz für eine krampfhafte Machtprobe zwischen dem 58-fachen italienischen Nationalspieler und dem bei den Fans unbeliebten Spalletti. Der Coach ist bei den heißblütigen Romanisti seit der verpassten Champions-League-Qualifikation (1:1 / 0:3 gegen Porto) untendurch. Zudem droht ihm mit dem Team nach 2:4 in Lyon auch in der Europa League das „Aus“.
Selbst wenn den Römern am Donnerstag im Olimpico noch die Wende gelingt: Den selbst verschuldeten Machtkampf mit Roma-Idol Totti kann Spalletti nicht gewinnen.
