Er ist Champions League-Sieger, 4-facher Deutscher Meister und hat insgesamt 367 Bundesliga-Spiele für die SG Wattenscheid, den Karlsruher SC und den FC Bayern absolviert – Thorsten Fink. Inzwischen ist der gebürtige Dortmunder seit über 13 Jahren im Trainergeschäft tätig. Aktuell zeichnet er für die sportlichen Belange des japanischen Spitzenklubs Vissel Kobe verantwortlich, wo er unter anderem Weltstar Andres Iniesta trainiert. Wir haben vor dem Start der J-League-Saison 2020 ausführlich mit Thorsten Fink gesprochen:
Sie leben nun fast 8 Monate in Japan. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Thorsten Fink: Sehr gut! Ich fühle mich in Japan äußerst wohl und es lässt sich hier sehr gut leben. Auch innerhalb des Klubs läuft es top. Wir haben in der ersten Saison mit dem Pokal und dem Supercup 2 Titel holen können. Die Aussichten für die nahe Zukunft sind gut, auch weil wir den Kader nur punktuell verstärkt haben und nicht – wie sonst so häufig – den Großteil ausgetauscht haben. Nun liegt es an uns, den Positivtrend zu bestätigen.
Was sind die gravierendsten Unterschiede zwischen japanischem und deutschem Fußball?
Fink: Die Athletik in Japan ist eine andere. Japaner sind im Durchschnitt etwas kleiner gewachsen als die Europäer, dafür sind sie äußerst flink und schnell. In der Abwehr haben viele Klubs ausländische Spieler, damit die entsprechende Körperlichkeit vorhanden ist. Technisch und taktisch gibt es zum deutschen Fußball jedoch kaum Unterschiede.
Wie haben Sie die japanische Kultur bisher wahrgenommen?
Fink: Ich mag dieses Land! Dankbarkeit, Fleiß, Respekt und Sauberkeit spielen ganz entscheidende Rollen in Japan. Jeder hier geht äußerst respektvoll miteinander um. Auch in Einzelgesprächen mit Spielern merkt man, wie wichtig Respekt in diesem Land ist. Als Trainer bekomme ich keine Widerworte von den Jungs. Manchmal ist das gut, manchmal ein wenig schade, weil ein kontroverser Austausch auch positiv sein kann. Zuschauerausschreitungen kommen in der J-League so gut wie nie vor. Ganz im Gegenteil: Wenn die Mannschaften den Platz verlassen, applaudieren die Anhänger immer – ganz egal wie das Spiel ausgegangen ist. Im Gegenzug verbeugen sich die Spieler vor den Fans bevor sie den Platz verlassen.
Am 21. Februar startet die J-League in ihre neue Saison. Was sind Ihre Ziele für die Spielzeit 2020?
Fink: Wenn man in seiner ersten Saison in Japan den Pokal und den Supercup gewonnen hat, möchte man in der Folgespielzeit natürlich auch oben mitspielen. Das ist unser Ziel. Die Meisterschaft ist kein Muss, dennoch wollen wir das Maximale herausholen. In der vergangenen Saison haben wir dank unseres Teamworks und unserer Visionen etwas erreicht. Daran müssen wir nun anknüpfen. Allerdings halte ich es für wichtig, dass wir den Mund vor der Saison nicht zu vollnehmen!
Wie kommunizieren Sie mit der Mannschaft? Ist es ein Problem, wenn ein Dolmetscher Ihre Vorstellungen überbringt? Kommt es da schon mal zu Missverständnissen?
Fink: Ich habe mit Masaki Morass einen Co-Trainer mitgebracht, der sowohl Deutsch als auch Japanisch spricht. Er ist Übersetzer und Trainer in einem. Durch seine Sprachfähigkeit haben wir die Möglichkeit, meine Überlegungen und Ziele sehr präzise zu vermitteln. Zudem sind in unserem Mitarbeiterstab zahlreiche Dolmetscher dabei, etwa für die Spanier und die Brasilianer. Ich spreche zwar auch ein wenig Spanisch und kann den Jungs das eine oder andere mit auf den Weg geben, meine Ansprachen halte ich allerdings in Deutsch, bevor sie dann für jeden Spieler individuell übersetzt werden. Noch viel wichtiger als die Sprache ist das Non-Verbale. Es ist schließlich wissenschaftlich erwiesen, dass es wichtiger ist, wie man etwas sagt, als die Information in diesem Satz an sich.
Dein Startvorteil: Die 100 Euro-Jokerwette!
Mit Lukas Podolski verließ ein ehemaliger deutscher Nationalspieler im Winter Vissel Kobe. Wieso wechselte er in die Türkei?
Fink: Ich hätte Lukas gerne im Kader behalten. Allerdings hatten beide Seiten ihre Vorstellungen. Die haben schließlich nicht zusammengepasst, was leider zu der Trennung geführt hat. So ist das manchmal im Fußball.
Lukas Podolski würde gerne für die deutsche Auswahl bei Olympia in Tokio starten. Wäre Poldi der richtige Mann für das Unterfangen „Gold“?
Fink: Auf jeden Fall! Er ist kein alter Opa, der sich kaum noch bewegen kann, sondern mit 34 Jahren top-fit. Er kann einer jungen Mannschaft auf und neben dem Platz helfen, kennt das Land Japan zudem noch bestens und ist hier sehr beliebt.
Mit Andres Iniesta haben Sie trotzdem noch einen echten Weltstar in Ihren Reihen. Wie wichtig ist er mit seiner enormen Erfahrung für das Team?
Fink: Er ist der beste Fußballer, den ich jemals trainiert habe. Selbst damals in meiner Zeit als Aktiver beim FC Bayern gab es keinen besseren Spieler. Er ist ein absoluter Ausnahmekönner. Pro Spiel hat er mindestens einen Moment, indem man sich wirklich fragt, wie er das gemacht hat. Er ist der Mann für die spielentscheidenden Situationen. Iniesta hat in seiner Karriere alles gewonnen, was nur möglich ist, auch deshalb kann ich ihm als Trainer taktisch nichts mehr beibringen. Ich gebe das System vor und Andres weiß, wie er sich zu verhalten hat. Wenn er und sein eigener Stab von Physiotherapeuten sagen, dass er eine Auszeit benötigt, dann bekommt er die. Trotz seiner Weltkarriere ist er ein Mann, der sich nicht zu wichtig nimmt. Er hat einen richtig guten Charakter.
Inzwischen sind Sie seit über 13 Jahren im Trainergeschäft tätig, haben 7 Klubs in Ihrer Vita stehen. Wenn Sie noch einmal bei einem Ihrer ehemaligen Vereine anfangen dürften, welcher wäre das und was würden Sie vielleicht anders machen?
Fink: Es gibt immer Dinge, die man einige Jahre später anders machen würde. Ich habe früh angefangen mit Ernährungswissenschaftlern und Ärzten zusammenzuarbeiten, um die Ernährung der Spieler zu optimieren. Damals waren die Jungs allerdings noch ein wenig skeptisch und haben nach ein paar schlechten Partien diese Veränderungen zum Anlass genommen, sie kritisch zu sehen. Heute gebe ich meinen Spielern vielleicht Tipps, was das Beste für ihren Körper ist, entscheiden müssen sie jedoch alleine.
Sie standen als Coach auch schon in Österreich unter Vertrag. Austria Wien coachten Sie 130 Spiele lang. In den vergangenen Jahren hat die österreichische Bundesliga mit Sadio Mane, Naby Keita und Erling Haaland echte Superstars hervorgebracht. Ist die Wahrnehmung der „kleinen österreichischen Liga“ falsch?
Fink: Diese Spieler sind alle von RB Salzburg zu großen Klubs gewechselt. RB ist in Österreich das Nonplusultra, hat ein gutes Konzept. Trotzdem gibt es auch in anderen österreichischen Vereinen Talente, die später in der Bundesliga oder in anderen europäischen Top-Ligen landen. Die österreichische Bundesliga hat durchaus ihre Qualitäten.
Wie schätzen Sie das Potenzial der österreichischen Bundesliga für die Zukunft ein? Haben RB Salzburg & Co. sogar Chancen auf einen internationalen Titel?
Fink: Ajax Amsterdam hat es im letzten Jahr vorgemacht. Die Niederländer sind mit einer jungen, talentierten Mannschaft bis ins Halbfinale vorgedrungen. Einen ähnlichen Weg geht ja auch RB Salzburg. Sie holen talentierte Spieler, die zu ihrer Philosophie passen, bilden diese aus und versuchen das Maximum herauszuholen. Daher traue ich RB Salzburg aber auch Leipzig diesen Sprung schon zu. Trotzdem glaube ich, dass sich Teams mit mehr Qualität und Erfahrung am Ende immer durchsetzen werden.
Ihr letztes Bundesliga-Spiel als Coach liegt 6,5 Jahre zurück. Seitdem haben Sie 4 Stationen im Ausland hinter sich. Könnten Sie sich eine Rückkehr nach Deutschland vorstellen?
Fink: Machbar ist immer alles. Mein Vertrag bei Vissel Kobe läuft noch bis Dezember und ich könnte mir auch eine Verlängerung bei diesem Klub vorstellen, da ich mich hier sehr wohl fühle. Mein Ziel für die Zukunft ist es jedoch, irgendwann wieder in einer europäischen Top-Liga zu trainieren. Einen zeitlichen Rahmen habe ich mir dafür aber nicht gesetzt.
In der Bundesliga gibt es den Video-Beweis bereits seit der Saison 2017/18, in Japan wird er nun erst eingeführt. Sind Sie ein Freund oder Gegner dieser Neuerung?
Fink: Ich find den Videobeweis gut. Wir haben erste Berührungspunkte bereits beim Pokalfinale Anfang des Jahres und beim Supercup im Februar gehabt. Ich glaube, dass der Videobeweis Mannschaften mit viel Ballbesitz entgegenkommt. Wenn er dann noch den Zuschauern im Stadion vernünftig übermittelt wird, dann ist er eine gelungene Neuerung.
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