2 Monate, 12 Spiele oder 1080 Minuten: Tayfun Korkut hat beim Noch-Champions-League-Teilnehmer Bayer 04 Leverkusen eine der wohl ungewöhnlichsten Missionen für einen Trainer angetreten. Nach seinen Stationen bei Hannover 96 und dem 1. FC Kaiserslautern begreift der Zeitarbeiter die Situation auch als Chance, seine Karriere neu anzukurbeln.
Bei seiner Vorstellung am Montagmittag präsentierte sich Tayfun Korkut souverän und fokussiert. Es entstand kaum der Eindruck, dass der 42-Jährige bei der ambitionierten Werkself eine Chance in der Bundesliga bekommt, die er zurzeit wohl selbst nicht für möglich gehalten hätte. Dass der 42-Jährige in Leverkusen ausgerechnet Roger Schmidt beerbt – beide sind befreundet und absolvierten 2011 zusammen die Ausbildung zum Fußball-Lehrer – passt ebenso zur etwas verrückten Lage unter dem Bayer-Kreuz.
Platzhalter für die große Lösung
„Mittlerweile darf man sich als Trainer in der 1. und 2. Bundesliga nicht viel erlauben. Ein, zwei Schüsse, kein Erfolg – dann kommt gleich der nächste“, wurde DFB-Chefausbilder Frank Wormuth vor einigen Wochen in einem Interview zitiert. Sein einstiger Schüler Tayfun Korkut legte 2014 bei Hannover 96 einen soliden Start hin, wurde dann nach rund 1,5 Jahren entlassen.
Beim Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern schmiss er in der letzten Winterpause selbst die Brocken hin. Seine 3. Station im deutschen Profifußball muss er nun zu einem persönlichen Bewerbungsschreiben für andere Klubs nutzen. Zwar sprach Sportdirektor Rudi Völler von „einer Chance für uns und für ihn“, doch diese ist für Korkut minimal.
Selbst wenn der 42-malige türkische Nationalspieler die hoch veranlagte, aber verunsicherte Bayer-Elf auf Kurs in Richtung Europapokal bringt, bleibt er der Platzhalter für andere Namen wie Hoffenheim-Senkrechtstarter Julian Nagelsmann. Ebenfalls eine Option für die neue Saison ist der Ex-Gladbacher Lucien Favre, der OGC Nizza zum Meisterschaftsanwärter in Frankreich entwickelte.
Buchmacher schreiben Bayer noch nicht ab
Tayfun Korkut bräuchte schon eine ähnliche Erfolgsserie wie damals André Schubert in Mönchengladbach (24 Punkte aus 11 Partien als Interimstrainer), um in die engere Auswahl zu kommen. Unsere Buchmacher sehen aber noch recht gute Möglichkeiten, dass Leverkusen bis zum Saisonende die Top 6 (Quote: 2.80) erreicht. Die dafür nötigen Endspurt-Qualitäten bewies Korkut in seiner Bundesliga-Premierensaison.
Durch 4 Siege aus den letzten 5 Saisonspielen hatte er Hannover 2015 zum Klassenerhalt geführt. Um mit Leverkusen den 5 Punkte-Rückstand aufzuholen, will der Zeitarbeiter das kräftezehrende Dauer-Pressing von Roger Schmidt entschärfen und etwas mehr auf Ballbesitz-Fußball setzen. Auch in der Defensive muss der Hebel angesetzt werden: Die Werkself kassierte bereits 18 Gegentore nach Standardsituation, davon 10 nach Eckbällen.