Kapitän Ralf Fährmann – der vorher eigentlich als unumstritten galt – musste weichen, der 22-jährige Alexander Nübel bekam den Vortritt. Und es sieht stark danach aus, dass der aktuelle deutsche U 21-Nationaltorhüter auch in den kommenden Partien zwischen den Pfosten der Schalker steht. Nübel zeigte gegen Wolfsburg – wie auch schon bei seinen ersten 3 Einsätzen während der Verletzungspause von Fährmann in der Hinserie – eine klasse Leistung und war einer der Siegesgaranten. Wir meinen: Mit dem Torwart-Wechsel hat Tedesco sportlich gesehen die richtige Entscheidung getroffen. Allerdings war es der falsche Zeitpunkt.
Nübel ist der modernere Torhüter
Fakt ist: Auf der Torwartposition hat Schalke ein Luxusproblem. Sowohl Fährmann als auch Nübel sind sehr starke Keeper, die ohne Wenn und Aber Stammtorhüter bei einer erstklassigen Mannschaft sein sollten. Der Vorteil von Nübel: Er ist der komplettere und modernere Torwart: Die neue Nr. 1 im Tor der Königsblauen hat keine wirkliche Schwäche und besitzt auch die nötige Technik mit dem Fuß, um mit Kurzpässen oder Flugbällen das Spielgerät sicher zum Mitspieler zu bringen. Genau das ist das Manko von Fährmann. Der 30-jährige Ur-Schalker ist zwar meistens ein bärenstarker Torwart, ein guter Fußballer wird er aber nie werden. In der heutigen Zeit der mitspielenden Torhüter sind nun einmal auch die fußballerischen Fähigkeiten des Schlussmanns gefragt.
Fährmann mit mehreren Patzern vor der Winterpause
Was Tedesco vor allem dazu veranlasst hat, den Torwart-Wechsel noch vor dem Pflichtspielstart ins neue Jahr vorzunehmen, waren Fährmanns schwankende Leistungen in den abschließenden Spielen des letzten Kalenderjahres. Dem sonst so konstanten Fährmann unterliefen einige Patzer, die man so nicht von ihm kennt. Weil Fährmann den Kopf nicht frei habe, so Tedesco, wurde entschieden, den Kapitän vorerst auf der Ersatzbank Platz nehmen zu lassen.
Tedesco macht sich immer mehr Feinde bei den Fans
Aus rein sportlicher Sicht ist diese Entscheidung wie gesagt nachvollziehbar. Nübel ist nicht nur der komplettere und modernere Torwart, Fährmann war zuletzt auch ein Unsicherheitsfaktor. Allerdings bewies Tedesco erneut kein Feingefühl. Nach der Ausbootung von Abwehrchef Naldo in der Hinserie und dessen Verkauf vor wenigen Wochen stand der erst 33-jährige S04-Coach einmal mehr bei vielen Fans in der Kritik. Schon im Sommer 2017, als Tedesco die Vereinsikone Benedikt Höwedes von seinem Kapitänsamt entband und dieser dann das Weite suchte, war die Empörung bei der Schalker Fangemeinde groß.
Erst Höwedes, dann Naldo und jetzt Fährmann – drei absolute Fanlieblinge wurden nun schon von Tedesco abgesägt. Damit macht sich der S04-Coach bei den eigenen Anhängern sicher eher Feinde als Freunde. Nach der schwachen Hinserie, die Schalke auf Platz 13 beendet hat, sowie dem Verkauf des aussortierten Abwehrchefs Naldo, war es nicht klug, in der jetzigen Situation auch noch Fährmann aus der Startelf zu nehmen.
Fairer Zweikampf im Sommer wäre eine bessere Option gewesen
Eine bessere Option wäre beispielsweise gewesen, erst in der Vorbereitung auf die kommende Saison eine mögliche Veränderung auf der Torwartposition einzuleiten. Zwischen den Spielzeiten ist die Lage im Verein grundsätzlich entspannter. In einem Zweikampf um den Platz im S04-Tor hätten Fährmann und Nübel dann außerdem beide eine faire Chance erhalten. Die Lösung von Tedesco in der Torwartfrage war unschön – für die Fans und vor allem für Fährmann, der so etwas nicht verdient hat. Jahrelang war der gebürtige Chemnitzer ein sicherer Rückhalt, der immer alles für den Klub gegeben hat und eine absolute Identifikationsfigur geworden ist.
Und nun? Eigentlich schwer vorstellbar, dass Fährmann seinen Herzensverein kurzfristig verlässt, um vor der Ersatzbank zu flüchten. Aber wir erinnern uns zurück: Auch bei Höwedes hatte vor eineinhalb Jahren niemand damit gerechnet, dass es zu einem Abschied kommen würde.