Nach 15 Jahren bei Hertha BSC ist der Abgang von Nico Schulz perfekt. Der 22-Jährige bestand am Dienstag den Medizincheck und unterschrieb anschließend für 4 Jahre bei Borussia Mönchengladbach. Nachdem der Spieler dem Verein mitteilte, dass er seinen noch ein Jahr laufenden Vertrag nicht verlängern möchte ging alles ganz schnell.
„Wir haben die Entwicklung von Nico Schulz in den vergangenen Jahren genau verfolgt und freuen uns, dass wir ihn nun verpflichten konnten“, erklärte Sportdirektor Max Eberl. In Zukunft wird er am Niederrhein die linke Seite beackern. Schulz kann seine Rolle dort offensiv wie defensiv interpretieren. Zwar hat Mönchengladbach den Vertrag von Linksverteidiger Oscar Wendt erst vor kurzem verlängert, aber durch die Verletzung von Alvaro Dominguez, der aktuell wegen der wiederkehrenden Rückenprobleme in seiner spanischen Heimat die Reha absolviert und auf unbestimmte Zeit ausfällt, steht mit dem Schweden nur ein Spezialist für Linksverteidigerposition zur Verfügung. Mit Schulz kann Trainer Lucien Favre beruhigt in die bald beginnenden englischen Wochen gehen.

Alle Parteien dürften zufrieden sein. Hertha BSC hat eine erwartet gute Ablöse für einen Spieler kassiert, der nur noch bis 2016 unter Vertrag stand und diesen nicht verlängern wollte. Borussia Mönchengladbach hat einen gestandenen und gleichsam entwicklungsfähigen Linksfuß bekommen, der zur Philosophie der Borussia passt. Letztendlich kann sich der Nico Schulz auch nicht beschweren. Der U21-Nationalspieler ist von einem Abstiegskandidaten zu einem Champions League-Teilnehmer gewechselt, wird dabei noch besser entlohnt und hat realistische Chancen sich bei den Gladbachern durchzusetzen.
Warum wir diesen Transfer trotzdem hinterfragen, liegt an der mittlerweile gängigen Praxis im Bundesliga-Geschäft. Seit seinem 7. Lebensjahr kickte Schulz für die Hertha. Mehr Berliner und mehr Eigengewächs, mehr Identifikationsfigur geht eigentlich nicht. Wahrscheinlich wäre er auch noch das letzte Jahr seines Kontrakts liebend gern bei der alten Dame geblieben. Aber eben nur ein Jahr. Dass er zu Höherem berufen zu ist, lassen seine Auftritte in den vergangenen Jahren in der Bundesliga und in der U21-Nationalmannschaft erahnen. 98-mal lief Schulz für die Hertha-Profis auf, erzielte dabei 2 Tore und bereitete 8 weitere vor. Von der U17- bis zur U21-Nationalmannschaft stehen insgesamt 38 Länderspiele in der Statistik. Zieht man die Nöte von Bundestrainer Jogi Löw auf Schulz‘ Position in Betracht, scheint ein Debüt in der Nationalmannschaft gar nicht so abwegig. Sofern Schulz auch in Gladbach den nächsten Entwicklungsschritt macht.
Kann es sich die Hertha leisten einen wie Schulz ein Jahr vor Vertragsende gehen zu lassen? Wir meinen nein! Klar, da lockt eine üppige Ablösesumme. Aber was ist mit den Qualitäten des Spielers? Der Transfer ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Ablöse und das eingesparte Gehalt dem Verein letztendlich mehr wert sind als ein guter Spieler mit hohem Identifikationsfaktor. An sich nichts Neues, aber dann dürfen sich Vereine in Zukunft auch nicht beschweren, wenn ein Spieler vor Ablauf seines Vertrags den Klub verlassen will, weil er woanders mehr Geld verdienen kann.