Interview: Marko Rehmer über den Hertha-Höhenflug, Stadionpläne und sein neues Leben
Vize-Weltmeister, Champions League-Teilnehmer, nur ein Titel fehlt Marko Rehmer in seiner 16-jährigen Karriere als Profi-Fußballer. Trotzdem blickt er mit Stolz auf seine Jahre in der Bundesliga zurück. Diese Erfahrung gibt der inzwischen 44-Jährige als Berater an junge Spieler weiter. Außerdem ist er noch als TV-Experte und Investor bei einem Berliner Start-Up unterwegs.
Als gebürtiger Berliner dürfte Ihr Fußballherz derzeit ziemlich hoch schlagen. Die Hertha ist Bayern- und RB-Verfolger Nummer 1, Union liegt auch nur einen Zähler hinter dem Relegationsrang.
Es freut mich natürlich sehr, dass beide Klubs derzeit so gut dastehen. Vor der Saison hätte ich das gar nicht erwartet. Gerade bei der Hertha ist das keine temporäre Phase, sondern die Mannschaft hat Qualität und mich vor allem in vielen Spielen überzeugt. Unter Pal Dardai ist Hertha wieder eine Einheit geworden und fitter als je zuvor.
Union hat mit Jens Keller ebenfalls einen guten Trainer verpflichtet, der sich auch in der Bundesliga auskennt. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass die Eisernen bis zum Ende der Saison um den Aufstieg mitspielen werden.
Sie haben für beide Klubs gespielt, 17 Jahre für Union, „nur“ 6 bei der Hertha. Für wen schlägt Ihr Herz heute?
Ich habe keinen der beiden Vereine in irgendeinem Sinne lieber. Bei Union habe ich das Fußballspielen erlernt, bin dort zum Profi geworden. Bei der Hertha habe ich dagegen meine erfolgreichste Zeit erlebt. Ich verfolge sowohl die Hertha als auch Union intensiv und schaue mir regelmäßig Spiele live im Stadion an.
Verfolgen Sie noch andere Sportarten in Berlin?
Wenn es die Zeit am Wochenende hergibt, gehe ich ca. einmal im Monat zum Handball bei den Füchsen bzw. zum Eishockey bei den Eisbären.
Die Hertha überlegt derzeit, ein neues, eigenes Stadion zu bauen. Was halten Sie von dem Plan?
Auch wenn sich einige Fans dagegen wehren, halte ich es für eine sehr gute Idee. Das Olympiastadion ist zwar ein tolles, traditionsreiches Stadion, allerdings leider ein wenig zu groß für die Hertha. Gegen Mainz waren zuletzt nicht einmal 40.000 Zuschauer im Stadion.
Die tolle Performance auf den Rängen, für die die Hertha-Fans regelmäßig sorgen, würde in einem kleineren, reinen Fußballstadion viel besser zur Geltung kommen. Auch wenn das neue Stadion in Brandenburg entstehen würde, wäre dies insgesamt eine positive Sache für die Hertha.
Berlin gilt auch bei internationalen Stars als absolute Kultstadt. Was schätzen Sie an dieser Metropole besonders?
Ich fahre von Süd-Berlin nach Nord-Berlin und bekomme viele verschiedene Dinge zu sehen. Die Vielfalt in Sachen Kulturen und Sport ist einmalig. Auch wenn ich als gebürtiger Berliner natürlich schon viele Sachen kenne, fasziniert mich diese Stadt noch immer.
Leben Sie noch immer in Berlin?
Ja, meine Lebensgefährtin kommt zwar aus Köln, aber für mich kommt eine andere Stadt als Berlin nur schwer in Frage. Ich bin zwar für einige Tage immer ganz gerne in Köln, doch Berlin ist meine Heimat, meine gesamte Familie wohnt hier.
Neulich erschien auf unserer News-Site eine Story zum Thema „Profi-Fußballer in der Heimatstadt“. Wie wichtig sind solche Jungs in jedem Klub?
Sie haben einen enormen Wert für den Verein. Meist stammen sie ja aus der eigenen Jugend, kennen der Klub von Grund auf. Den Fans fällt es daher immer leichter, sich mit solchen Spielern zu identifizieren. Zudem ist es eine Auszeichnung für den Verein, wenn Akteure aus dem eigenen Nachwuchs den Sprung ins Profigeschäft schaffen.
Kommen Sie auf die Schnelle drauf, welcher Klub die meisten Spieler aus der eigenen Stadt unter Vertrag hat?
Ich würde Werder Bremen vermuten, sicher bin ich mir allerdings nicht.
Nein, leider nicht. Es ist der 1. FC Köln mit insgesamt 7 Spielern.
Das hätte ich gar nicht gedacht. Interessante Sache, die zeigt, dass in Köln mittlerweile sehr gute Arbeit geleistet wird.
Hatten Sie damals Gewissensbisse als Sie 1999 von Hansa Rostock zur Hertha wechselten? Immerhin waren Sie bis dato ein Ur-Unioner.
Nicht unbedingt. Union war zu diesem Zeitpunkt Regionalligist und ich hatte den Durchbruch in der Bundesliga geschafft. Für mich war der Wechsel zur Hertha der nächste Schritt in meiner Karriere. Ich war einfach froh, wieder in Berlin zu sein.
2 Jahre kickten Sie in Rostock. Verfolgen Sie das Geschehen an der Ostsee heute noch?
Ja, ich schaue mir die Spiele schon mal an. Sicher habe ich einen engeren Draht zur Hertha oder Union, aber ich interessiere mich auf jeden Fall noch für den Verein. Es wäre wichtig, wenn Hansa so schnell wie möglich in die 2. Bundesliga aufsteigen würde. In den vergangenen Jahren wurden in Rostock leider viele Nebenkriegsschauplätze aufgemacht. Ich hoffe, dass dort nun wieder etwas mehr Ruhe einkehrt.
Vor einigen Tagen wurde beim FC Hansa ein Gründungsmitglied einer Ultra-Gruppierung in den Aufsichtsrat gewählt. Was halten Sie von Fan-Vertretern in solchen Gremien?
Es ist vollkommen egal, welchen Hintergrund die Leute haben. So lange sie ihre Arbeit ordentlich erledigen und den Verein nach vorne bringen, muss die Herkunft in den Hintergrund treten. Gerade in Rostock ist es wichtig, als Vereinsvertreter einen guten Draht zu den Fans zu haben. Vielleicht hat diese Personalie ja einen positiven Effekt.
2004 machten Sie ungewollt Bekanntschaft mit dem Thema Doping. Durch die Einnahme eines Medikamentes, das damals noch auf der Doping-Liste stand, gab es einigen Ärger. Wie denken Sie heute über diesen Vorfall?
Es war eine Dummheit. Allerdings muss ist klar sagen, dass dies kein Doping war. Der Arzt hatte mir wegen starker Schmerzen ein Medikament verschrieben, das damals auf der Doping-Liste stand. Mittlerweile ist es anders. Es wurde heruntergenommen, weil es keine leistungssteigernde Wirkung hat. Zudem wusste ich nicht, dass es ein verbotenes Mittel war. Der einzige Fehler, den ich damals gemacht habe – und den lasse ich mir auch ankreiden – war derjenige, dass ich die Einnahme nicht mit unserem Mannschaftsarzt abgesprochen hatte.
Sie waren 16 Jahre Profi, kickten 35 Mal in der Nationalmannschaft. Glauben Sie, dass Doping im Fußball überhaupt einen so großen Effekt hätte?
Nein, auf keinen Fall. Es ist immer noch eine Sportart, in der 10 andere Spieler eingreifen können. Einige Akteure hätten zwar persönlich einen Vorteil, aber meiner Meinung nach macht Doping im Fußball keinen Sinn.
Nun wieder zu einem etwas erfreulicheren Thema. Heute sind Sie geschäftsführender Gesellschafter bei der Spielerberater-Agentur INTEAMSPORTS sowie Investor beim Berliner Start-Up Staramba. Wie läuft Ihr Leben derzeit ab?
Den größten Stress habe ich natürlich unter der Woche. Ich bin für meine Spieler immer da und erledige viele verschiedene Dinge für sie. Über Versicherungsfragen, Vertragsgespräche bis hin zu banalen Sachen wie Fußballschuhlieferungen. Ich bin als Berater fast immer im Einsatz.
Sind Sie mehr ehemaliger Fußballer oder Geschäftsmann?
Ich komme mit beiden Bezeichnungen sehr gut klar. Allerdings trifft es aktuell die des Geschäftsmannes eher. Als Spielerberater ist es schon von Vorteil ehemaliger Profi zu sein, da man sich mit den Vereins-Verantwortlichen auf einer anderen Ebene unterhalten kann. Als Investor bei Staramba spielt es jedoch nur eine untergeordnete Rolle.
Haben Sie aus Ihrer Zeit als Profi noch immer einen Berater in wirtschaftlichen Fragen an Ihrer Seite oder managen Sie das vollkommen alleine?
Nein, ich hole mir Experten ins Boot. Ich maße mir nicht an, Ahnung von allen Dingen zu haben. Daher habe ich einen Vermögensberater, der mich seit 1998 unterstützt. Natürlich informiere ich mich auch ausgiebig über Geldanlagen, aber abschließend bespreche ich mich immer mit meinem Berater.
Wie kam der Kontakt zu Staramba zu Stande?
Auch dafür war mein Vermögensberater verantwortlich. Er hatte die Idee irgendwo aufgeschnappt und mir davon erzählt. Es ist ein spannendes Thema, bei dem wir schnell erkannt haben, welches Potenzial darin steckt.
Was ist Staramba überhaupt?
Bei uns kann man Figuren seiner Stars kaufen. Wir haben Musikgruppen, Fußballer, Wrestler und viele mehr in einem großen Scanner mit 72 Kameras ablichten lassen. Dabei haben die Spieler oder Künstler die Möglichkeit, sich in ihre persönliche Pose zu begeben. Unsere erste Gruppe war Linkin Park. Mittlerweile haben wir Lizenzen für zahlreiche europäische Fußballvereine oder auch amerikanische Football-Teams.
War das auch Ihr Masterplan für die Zeit nach dem Fußball?
Ich hatte mir schon im Vorfeld des Karriereendes Gedanken gemacht, was für mich interessant ist. Damals war die Aufgabe als Trainer sehr reizvoll. Ich hatte auch schon früh meine Lizenzen gemacht, aber irgendwie hat es sich anschließend nie so richtig ergeben. Viele andere Sachen als Berater oder Trainer kamen für mich eigentlich nie in Frage.