Vom englischen Nachwuchsfußball in den knallharten Abstiegskampf der Bundesliga: Mit Andries Jonker als Retter-Rückkehrer beim VfL Wolfsburg hatte keiner so richtig gerechnet. Die Meinungen zum 54-Jährigen, der als Cheftrainer nur wenig Erfahrung vorweisen kann, sind auch unter VfL-Fans recht gespalten. Vielleicht auch, weil einige niederländischen Landsleute bereits am Abstiegskampf gescheitert sind.
Der obligatorische Handschlag mit Sportdirektor Olaf Rebbe bei der Vorstellung ging schon mal daneben. Das muss noch nichts heißen. Im Anschluss an die Pressekonferenz klappte es dann im 2. Versuch besser. Zuvor hatte Andries Jonker genau 973 Tage nach seinem Abgang bei den „Wölfen“ einen Auftritt hingelegt, wie es sich sein langjähriger Lehrmeister Louis van Gaal gewünscht hätte.
„Wir haben hier ein kleines Problem zu lösen.“
Mit diesen Worten fasste der sehr selbstbewusste Niederländer, der neben Uwe Speidel auch auf Arsenal-Ikone Freddie Ljungberg als Co-Trainer setzt, die missliche Lage bei den abgestürzten Niedersachsen zusammen.
16. Niederländer in der Bundesliga-Historie
Seinen Einstand feiert der ehemalige Kurzzeit-Chef des FC Bayern München (4 Siege und 1 Remis in der Saison 2010/2011) am Samstag gegen den FSV Mainz 05. Dann ist Jonker – Interimstrainer mitgerechnet – der insgesamt 16. Bundesliga-Coach aus den Niederlanden. Vor einigen Jahren gehörten Holländer hierzulande noch zu den beliebtesten Exportschlagern.
Einige Klubs wollten so teilweise die hohe Kunst des niederländischen Fußballschule und das Nachwuchskonzept aus dem Nachbarland übernehmen. Auch Wolfsburg, das den Etat zur kommenden Saison senken muss, verspricht sich durch die Verpflichtung von Andries Jonker (zuletzt Nachwuchschef beim FC Arsenal) eine verbesserte Entwicklung der eigenen Talente.
Der Oranje-Trend ging in den letzten Jahren nicht nur durch den Absturz der Elftal wieder etwas zurück. In der Bundesliga wurde Bert van Marwijk sowohl bei Borussia Dortmund (2004 – 2006) als auch beim Hamburger SV (2013 – 2014) entlassen, Louis van Gaal scheiterte beim FC Bayern trotz großem Erfolg in seiner Premierensaison auch an seiner kauzigen Art.
Verbeek und Co. als warnende Beispiele
Besonders im Kampf um den Klassenerhalt ist es für niederländische Trainer schwer, den Spagat zwischen mitreißendem Offensivfußball und den richtigen Ergebnissen zu schaffen. So blieb beispielsweise auch der jetzige Bochumer Gertjan Verbeek in der Saison 2013/2014 in Nürnberg nur für 20 Spiele (0,91 Punkte pro Partie) und damit nicht viel länger im Amt als Dick Advocaat bei Borussia Mönchengladbach im Jahr 2004.
Die Ausnahme dabei bildet Huub Stevens, der als Defensivspezialist gilt und den VfB Stuttgart als „Feuerwehrmann“ gleich 2 Mal vor dem Abstieg bewahren konnte. Jonker steht nun vor einer ähnlichen Herausforderung und verfügt bei den „Wölfen“ auch über entsprechendes Spielermaterial für seine Philosophie. Mutige Ansätze zeigte das Team bereits zuletzt unter Valerien Ismael – die Entwicklung in Form von Punkten blieb aus.