Auf den Rängen bebt die Emotion: Vom Senioren bis zum Ultra leben und sterben Fans für und mit ihrem Klub. Die meisten suchen sich ihren Verein dabei nicht aus – er kommt zu ihnen. Den einen macht die Familie blauweiß, den nächsten die Ablehnung derselben schwarzgelb. Aber in den meisten Fällen ist es viel einfacher, da heißt es: Meine Stadt, mein Verein. Auf dem Rasen sieht das naturgemäß anders aus. Je professioneller der Sport betrieben wird, desto weniger Platz bleibt für Sentimentalitäten. Profis, die die Farben ihrer Heimatstadt tragen – ein Bild mit Seltenheitswert.
Moderne Zeiten
Gerade Mal 21 Profis spielen heute in ihrer Geburtsstadt Bundesliga-Fußball. Bei 18 Vereinen keine gigantische Zahl. Dies mit dem Totschlag-Argument Geld zu erklären, wäre aber zu einfach. Natürlich geht es auch darum – aber es ist nicht alles. Als Franz Beckenbauer 1969 erstmals deutscher Meister wurde, war er auch nur einer von wenigen Münchnern beim FC Bayern. Aber viele Mitspieler des Kaisers kamen aus dem direkten Umland. Heute scoutet der Klub Talente aber eben nicht mehr nur dort, also in Bad Tölz und Rosenheim – sondern weltweit. Weitere Gründe, warum der Weg eines jungen Kickers nicht immer zum besten Verein in der Stadt führt: Sein individueller fußballerischer Entwicklungsstand, die Leistungsdichte im Verein und die sportliche Infrastruktur der Region.
Wenig echte Liebe im Pott
Ein Blick in die Kaderlisten der 18 Bundesligisten verrät: Bei 55% aller Vereine steht kein einziger Profi unter Vertrag, der in der Stadt geboren wurde. Zugegeben, die 3.200-Einwohner-Gemeinde Hoffenheim hat es rein demographisch schwerer, so viele gute Kicker hervorzubringen wie Hamburg oder Berlin. Aber was ist beispielsweise mit Leipzig? Auch in den emotionalen Fußball-Hochburgen des Ruhrgebiets sieht es mau aus. Schalke? Keiner. Und echte Liebe in schwarzgelb fühlt auch nur Marco Reus. Immerhin je 2 Spieler laufen in Hamburg, Frankfurt, Freiburg und München für den Bundesliga-Klub ihrer Geburtsstadt auf. Nicht ganz überraschend mit 4 Mann am Start: Hertha BSC. Seit Jahren verhilft der Klub aus Charlottenburg jungen Berlinern zum Bundesliga-Debüt. Von Niko Kovac über Malik Fathi, Sofian Chahed, Änis Ben-Hatira bis hin zu den Boateng-Brüdern.
Kölle, du bis e Jeföhl
Spitzenreiter in Sachen heimatverbundene Fußballer ist aber der 1. FC Köln. Sage und schreibe 7 derzeitige FC-Profis wurden in Köln geboren. Alle 7 liefen bereits für die Geißböcke auf, darunter die Leistungsträger Horn, Risse und Höger. Vor 10 Jahren waren es auch schon 4 (Kessler, Cullmann, Epstein, Schöneberg). Doch in den letzten Jahren hat sich der Klub nochmal verstärkt um gebürtige Kölner bemüht. Das Argument Heimat scheint bei Kölnern auch im rauen Profi-Zeitalter zu ziehen. Und die sportliche Perspektive wird aktuell auch immer besser. Musste Marcel Risse vor 3 Jahren noch in die 2. Liga gehen, um für den FC spielen zu können, hatte es Marco Höger schon vergleichsweise einfach: In der Abschlusstabelle der Saison 2015/16 lag sein Ex-Klub Schalke „nur“ 9 Zähler vor Köln – und der Abstand schmilzt. Wohl auch ein Argument für Timo Horn: Er hat in Müngersdorf verlängert – und Klubs wie dem FC Liverpool einen Korb gegeben.
Fazit: Zu Hause professionell Fußball zu spielen ist heute mehr denn je die Ausnahme. Aber es gibt sie, die Klubs, die sich um die Söhne der Stadt bemühen und so eine Brücke zu den Fans schlagen, für Identifikation sorgen. In der Hauptstadt läuft es mit den Kickern aus dem Kiez. Und Kölle, die Stadt mit Hätz, scheint die kölschen Jungs mit Talent in den Beinen wie ein Magnet anzuziehen.