Überwältigt, fast schon überrascht, wirkte der 23-jährige Weydandt bei seinem Tor zur 1:0-Führung der Niedersachsen. Noch überwältigter und überraschter gucken da nur Fans, Presse und Vereinsvertreter. Nord-Rivale Werder Bremen rettete zwar noch einen Punkt (1:1) an der Leine, das Ergebnis spielte im Anschluss aber beinahe eine untergeordnete Rolle. „Das ist verrückt, es ist ein Märchen“, hielt 96-Manager Horst Heldt nach der Partie bei Sky fest.
Shootingstars statt Spätzünder
Es geht nur noch ab durch die Decke! Die Ausbildung der Stars muss heutzutage immer schneller gehen. Mario Götze, Julian Draxler und Kai Havertz sind die besten Beispiele dafür, wie sich der Weg in den Spitzenfußball in den letzten Jahren verändert hat. Aus den Juniorenteams der Bundesligisten werden die Teenager in die Profikader gespült und in den Nachwuchsleistungszentren zu Superstars geformt. Wenn kein passendes Talent in den Jugendakademien zu finden ist, bewegen die Top-Klubs eben Millionen für Shootingstars aus dem Ausland. Ein langsamer Aufstieg zum Erstliga-Profi ist zur Ausnahmeerscheinung geworden. Viele Klubs haben infolge dieser Entwicklung sogar ihre U23-Teams abgeschafft. Spätzünder fallen meistens durchs Raster. Weydandt könnte zum Beweis werden, dass es doch noch funktionieren kann.
Mit Anlauf: Wie einst Miro Klose
Der letzte prominente Name der aus den Niederungen des Amateurfußballs einen komentenhaften Aufstieg in Deutschlands Eliteklasse hinlegte, war Miroslav Klose. Der spätere WM-Rekordtorschütze spielte mit 20 Jahren noch in der Verbandsliga für die 2. Mannschaft des FC 08 Homburg. Erst im Alter von 22 Jahren gelang ihm sein erstes Tor in der Bundesliga – wie Weydandt gegen Werder Bremen. Als Stürmer der Amateure hatte er damals gelegentlich bei der ersten Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern aushelfen dürfen, bis ihm dort der Durchbruch gelang.
Weydandts Aufstieg weist einige Parallelen zu dem von Klose auf. Nur scheint „Märchenprinz Henne“, wie ihn das Boulevard schnell taufte, die Entwicklungsstufe in Hannovers Amateurmannschaft, zu überspringen. Für die Zweite der Roten wurde er in diesem Sommer von Regionalligist Germania Egestorf/Langreder ursprünglich verpflichtet. Nun bereitet 96-Manager Heldt einen Profi-Vertrag für Hannovers neuen Fußballliebling vor. Bereits in der Vorbereitung, die Weydandt mit den 96-Profis absolvierte, fiel er mit 8 Treffern positiv auf. Durch die 3 Tore in den ersten beiden Pflichtspielen kann er nun von einer großen Karriere träumen. Ein berühmtes Vorbild gibt es ja.