Jhon Córdoba, Andre Schürrle, Shinji Okazaki, Abdou Diallo und Jean-Philippe Gbamin – was haben diese 5 Spieler gemeinsam? Sie alle verschacherte der FSV Mainz 05 für eine 2-stellige Millionenablöse. Jahr für Jahr erwirtschaften die Rheinhessen ein ordentliches Transferplus und schaffen es trotzdem, sich immer wieder neu zu erfinden.
Junge Talente günstig verpflichten, sie anschließend formen und zu einem Top-Spieler entwickeln. So lautet die Philosophie des FC Porto. Der portugiesische Spitzenklub hat mit dieser Methode seit zwei Jahrzehnten Erfolg. 12 Meisterschaften und einen Champions-League-Triumph konnte der Verein in diesem Jahrtausend bereits feiern und hat zudem noch sehr viel Geld erwirtschaftet. Um genau zu sein: € 1,391 Mrd. (!) in den letzten 20 Jahren. Nicht ganz so erfolgreich, aber dennoch eine ähnliche Strategie verfolgt der 1. FSV Mainz 05.
Nkufo und Friedrich machten den Anfang
Der „Aus- und Weiterbildungsverein“ (Manager Christian Heidel) holt junge Talente, um sie irgendwann mit sattem Plus weiterzuverkaufen. Wie jetzt Brajan Gruda, der für die Wahnsinnssumme von 30 Mio. Euro zum englischen Erstligisten Brighton & Hove Albion wechselt. Dort hat im Sommer der deutsche Trainer Fabian Hürzeler übernommen und investiert kräftig in den neuen Kader – über 100 Mio. Euro sind es bereits und noch ist das Transferfenster nicht geschlossen.
Mit dem Gruda-Verkauf führen die Mainzer eine alljährliche Tradition weiter. In jeder Transferperiode muss um Spielmacher, Torjäger oder Abwehrchef gebangt werden. Wenn größere, finanzkräftigere Klubs kommen, zieht der FSV zumeist den Kürzeren. Den Anfang hatten im Sommer 2002 Manuel Friedrich (für 2,5 Mio. € zu Werder Bremen) und Blaise Nkufo (für 1,4 Mio. € zu Hannover 96) gemacht. Es waren die ersten Mainzer Abgänge für eine 7-stellige Ablösesumme. Besonders kurios: An Friedrich verdiente der FSV sogar gleich 2 Mal. Nach seinem Abgang 2002 kam er für 1,3 Mio. € nur 2 Jahre später wieder zurück. 2007 legte Bayer 04 Leverkusen erneut 2,5 Mio. € auf den Tisch.
Heidels Händchen bei Transfers
Das erste ganz große „Ding“ drehte der FSV Mainz 05 mit Mohamed Zidan. Der Ägypter war den Rheinhessen im Januar 2007 eine Ablöse von € 2,8 Mio. wert. Nur wenige Monate später wurde er für € 6,5 Mio. zum Hamburger SV transferiert. Die stetig steigenden TV-Gelder und Preise auf dem Markt sollten zu weiteren Transfer-Coups verhelfen. 34 – in Worten vierunddreißig Millionen – flossen alleine im Sommer 2015 auf das Vereinskonto. Allen voran, weil der frühere Autohändler und spätere Mainz-Manager Christian Heidel die Schnäppchen-Transfers Johannes Geis (10,5 Mio. €/Schalke) sowie Shinji Okazaki (11,0 Mio.€/Leicester City) jeweils für etwa das 10-fache ihres Einkaufswertes an den Mann gebracht hat.
Der kometenhafte Aufstieg des Brajan Gruda
Viel zu oft spricht man bei jungen Spielern von einem „kometenhaften Aufstieg“, doch bei Brajan Gruda trifft es wirklich zu. Noch im April 2023 gewann er mit Mainz 05 die deutsche A-Jugend-Meistershaft durch ein 4:2 n. V. gegen Borussia Dortmund. Mit Beginn der Saison 2023/24 war er quasi Stammspieler bei den Rheinhessen und stand in 19 seiner 28 Saisonspiele (4 Tore, 3 Vorlagen) in der Startformation. Bundestrainer Julian Nagelsmann nominierte ihn in den erweiterten EM-Kader. Und wer weiß, ob Gruda ohne die Wadenverletzung nicht noch in den EM-Kader reingerutscht wäre.
Dem flexibel einsetzbaren Linksfuß, der bevorzugt als Rechtsaußen oder im offensiven Mittelfeld aufläuft, wurde der Fußball in die Wiege gelegt. Sein Vater Bujar spielte einst für den albanischen Verein Vilaznia Shkodra im UEFA-Cup. Obwohl Brajan Gruda sowohl die albanische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, entschied er sich schon früh für die Jugendmannschaften des DFB und kam in der U15-Nationalmannschaft erstmals zum Einsatz.
Startet Gruda auch in der Premier League voll durch?
Ob ihm der Sprung von einem Abstiegskandidaten der Bundesliga hin zu einem Mittelklasseverein in der weitaus stärker einzuschätzen Premier League auf Anhieb gelingen wird, muss sich zeigen. Auch, wie schnell er sich an den anspruchsvollen Fußball von Trainer Fabian Hürzeler gewöhnen wird. Doch Gruda bringt alle Voraussetzungen mit, um sich auch auf der Insel durchzusetzen. Vor allem, wenn der Trainer voll hinter ihm steht. Und das scheint der Fall zu sein, wenn Hürzeler, als Premier League-Coach mit weitaus mehr Transfermacht ausgestattet als seine Bundesliga-Kollegen, so viel Geld für den erst 20-jährigen U21-Nationalspieler auf den Tisch legt.