Fortuna Düsseldorf ist seit geraumer Zeit in einer schwierigen Situation: Es fehlt an einem Trikotsponsor, man sucht seit längerem einen Manager und in der Liga hat man mit dem Aufstieg nichts zu tun gehabt. Wie sehen Sie die Zukunft des Vereins?
Die Probleme mit dem Sponsor verwundern mich. In einer Großstadt wie Düsseldorf, in der es einige Großunternehmen gibt, sollte sich die Suche nach einem Sponsor eigentlich nicht so schwierig gestalten.
Mit einer großen Stadt, einem tollen Stadion und großartigen Fans wären die Strukturen eigentlich gegeben. Es können ja nicht immer die Toten Hosen einspringen. Wahrscheinlich finden sie aber keinen Manager, weil viele in höheren Ligen arbeiten wollen und nicht bei einer Mannschaft, die zwischen Platz 12 und 16 herumkrebst. Noch dazu bekommt man bei anderen Vereinen sicher ein höheres Gehalt.
Trainer Friedhelm Funkel spricht immer wieder motiviert vom Aufstieg in die Bundesliga – ist das realistisch überhaupt machbar?
Nein, derzeit reicht es nicht für die Bundesliga. Diesen Kader müsste man auf so vielen Positionen verstärken. Wahrscheinlich spielt man nicht gegen den Abstieg, aber für ganz oben reicht es einfach nicht aus. Dafür müsstest du eine Menge Geld in die Hand nehmen. Der Trainer ist auf jeden Fall gut, auf den lasse ich nichts kommen. Aber kein Trainer kann aufsteigen, wenn er keine guten, talentierten Spieler hat.
Sie haben sehr lange beim BVB gespielt. Derzeit beobachtet die Borussia mit Seung-Woo Lee eines der größten asiatischen Talente. Würde der Transfer nach Dortmund Ihrer Meinung nach Sinn machen oder wäre es nur ein Marketinggag, um sich neue Märkte in Korea zu öffnen?
Ich glaube, dass beides stimmt. Wenn die Borussia sich um einen Spieler bemüht, ist es sicher nicht nur ein Marketinggag. Der Junge kann sportlich auch etwas. Aber natürlich machst du dich als Verein im jeweiligen Heimatland interessant und eröffnest dir dort neue Chancen.
Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang kursiert immer wieder als mögliches Transferziel europäischer Großklubs durch die Medien. Sollte man ihn halten oder mit entsprechend hoher Ablöse diesen Sommer verkaufen?
Natürlich sind Spieler immer Schlitzohren und kokettieren mit einem Wechsel, um vielleicht mehr Gehalt zu bekommen, aber man darf sie nicht immer ganz ernstnehmen. Im Moment würde ich ihn noch behalten, obwohl man sich die Frage stellen muss, ob er nächste Saison wieder so exzellente Leistungen bringt. Außerdem muss man auch den möglichen Erlös berücksichtigen, der mit rund € 70 Mio. nicht zu verachten ist.
Der BVB steht wieder vor einem großen Umbruch. Trainer Thomas Tuchel wurde mit Ende der Saison entlassen. Offenkundig gab es nicht nur Probleme mit der Vereinsführung, sondern auch mit der Mannschaft. Ist Thomas Tuchel als schwieriger Charakter unvermittelbar bzw. trägt er die Schuld an seinem Aus in Dortmund?
Dafür kennt man zu wenig Hintergründe. Dass zwischen ihm und der Mannschaft die Chemie nicht in Ordnung war, ist unbestritten. Das hat man spätestens sehen können, als Nuri Sahin beim Pokalfinale nicht im Kader war und sich mehrere Spieler hinter die Kritik von Marcel Schmelzer an Tuchel gestellt haben. Da hat es dann an mehreren Ecken gebrannt.
Was genau zum Ende geführt hat, weiß man nicht, aber es dürfte die Kombination aus dem Schock nach dem Anschlag und den Ungereimtheiten zwischen ihm und der Vereinsführung bzw. der Mannschaft gewesen sein. Sportlich kann man ihm auf jeden Fall keinen Vorwurf machen. Er war zweimal im Pokalfinale, hat eines davon gewonnen und war immer in der Champions League.
Kann man ihm in zwischenmenschlicher Hinsicht Vorwürfe machen?
Ich denke, dass er große Stücke auf sich selbst hält, gerne Entscheidungen eigenverantwortlich trifft und sich ungern anderen Menschen unterordnet bzw. überhaupt mit ihnen zusammenarbeitet.
Mit Peter Bosz wurde ein ambitionierter Trainer verpflichtet, der jedoch nur einen Zweijahresvertrag erhalten hat. Ist er nur eine Übergangslösung bis Julian Nagelsmann nach Vertragsende in Hoffenheim übernimmt?
Ich glaube nicht, dass der BVB so denkt. Der Wunsch nach einer Zweijahresverpflichtung kam sicher auch von Seiten des neuen Trainers. Man könnte natürlich sagen, dass nicht viel auf dem Markt war und man viele Trainer, die man gerne bei Dortmund gesehen hätte, nicht verpflichten konnte. Aber man sollte jetzt abwarten. Es spricht ja vieles für ihn: Er arbeitet gerne mit jungen Spielern und spielt extrem offensiv ausgerichtet. Das passt perfekt zum BVB.
Ein weiterer Ex-Klub von Ihnen, Borussia Mönchengladbach, hat eine turbulente Saison hinter sich. Ist die Schuld beim Trainer oder bei der Mannschaft zu suchen?
Dieter Hecking hat den Job als Trainer erst mitten in der Saison übernommen. Dementsprechend kann man ihm keinen Vorwurf machen, weil das immer sehr schwer ist. Der Verein befindet sich ja auch im Umbruch und weiß nicht, wo er steht. Zusätzlich haben wir eine verrückte Saison hinter uns. Gladbach, Schalke und Leverkusen sind nicht dort gelandet, wo sie wollten. Dafür sind Köln, Berlin oder Hoffenheim plötzlich ganz oben platziert. So etwas hat es ja ewig nicht mehr gegeben. Um Gladbach mache ich mir aber gar keine Sorgen. Da wird immer ruhig, sachlich und ohne Schnellschüsse gearbeitet.
Spielt Mönchengladbach nächste Saison wieder um die Champions League-Plätze mit?
Nein, das glaube ich nicht. Das dauert sicher noch eine gewisse Zeit, bis sich die Mannschaft wieder gefunden hat. Ich denke, dass es für Schalke nächste Saison wieder nach oben gehen wird, obwohl dort eigentlich nur der Trainer getauscht wurde und der Manager an der verpatzten Saison sicher auch Mitschuld trägt.
Hat es also Ihrer Meinung nach nicht nur an Markus Weinzierl gelegen, sondern auch an Christian Heidel?
Einer muss immer als Sündenbock herhalten. Und wenn du von Woche zu Woche einmal gewinnst und dann wieder verlierst und nie Konstanz zeigst, wird es für den Trainer ganz schwer. Gerade auf Schalke kannst du das nicht durchhalten.
Aber Sie denken, dass es auf Schalke wieder bergauf geht?
Mit Domenico Tedesco haben sie einen sehr jungen Trainer verpflichtet, den ich nicht besonders gut kenne. Man wird sehen, was er kann. Der Trend geht immer mehr zu jüngeren Trainern, was ich persönlich sehr gut finde.
In Deutschland haben sicher die Wenigsten mit Tedesco als neuem Schalke-Trainer gerechnet. Der Hype um ihn ist ähnlich groß, wie es jener um Weinzierl im letzten Jahr war. Droht Tedesco das gleiche Schicksal wie Weinzierl oder Breitenreiter?
Dieses Schicksal haben schon viele Trainer erlitten. Bei Schalke bist du da ganz besonders gefährdet, weil man dort immer sehr schnell vom Heiland zum Sündenbock wird. Wenn du von den ersten fünf Spielen nicht zwei oder drei gewinnst, stehst du mit dem Rücken zur Wand. Damit musst du in Gelsenkirchen aber rechnen und man kann ihm nur viel Glück wünschen.
Die Nationalelf weilt derzeit in Russland beim Confederations Cup. War es die richtige Entscheidung von Jogi Löw, mit einer Nachwuchs-Elf zum Turnier zu fahren?
Die Etablierten brauchen auch einmal eine Pause – man braucht sich nur Marco Reus ansehen, der sich schon wieder schwer verletzt hat. Wir haben in Deutschland das Glück, dass wir unzählige talentierte Nachwuchsspieler haben, die sich so auch einmal bei einem Turnier beweisen können. Ich denke, dass es für den Confed Cup die richtige Entscheidung von Löw war.
Wie beurteilen Sie die Leistung gegen Australien (3:2)?
Die 1. Halbzeit war anfangs sehr gut und das Gegentor war sehr unglücklich. Normalerweise musst du Australien mit 5:0 nachhause schicken, das ist ja keine Spitzenmannschaft. Schade ist, dass man sich das Leben durch die beiden Gegentore selber schwergemacht hat.
Wie stehen die Chancen gegen Chile und Kamerun?
Das wird spannend, weil Chile mehr oder weniger mit seiner kompletten A-Nationalmannschaft antritt. Da werden wir sehen, wo wir stehen. Mit unseren schnellen Spielern sollten wir in Führung gehen und dann auf Konter warten. Ich denke, es wird ein Unentschieden (1:1, Anm. d. R.). Gegen Kamerun stehen die Chancen sicher besser. Insgesamt wird Deutschland eine gute Figur abgeben und Löw kann sicher einige wichtige Schlüsse für die WM im nächsten Jahr ziehen.
Beim Confederations Cup hat der Videobeweis wieder für einige Verwirrung gesorgt. Sehen Sie ihn als sinnvolles Hilfsmittel für Schiedsrichter?
Offensichtlich hat es ja in den ersten Spielen schon sehr gut funktioniert. Durch den Videobeweis wurden irreguläre Tore wieder aberkannt, die der Schiedsrichter vielleicht nicht gesehen hätte. Ich sehe ihn als gutes Hilfsmittel.
Sie wurden 1990 Weltmeister. Was war damals die größte Stärke der Mannschaft?
Der Zusammenhalt untereinander. Wir haben ja heute alle noch Kontakt. Am 6.7. fliegen wir z.B. nach Mexiko und spielen fast 30 Jahre danach ein Re-Match gegen Mexiko. Es sind immer noch sehr viele gut befreundet, schätzen und respektieren sich. Die WM war damals eine große Kumpanei und die Verbundenheit spürt man heute noch.
Sie beschäftigen sich beruflich mit Deutschlands Fußballnachwuchs und leiten Kidsactive mit 80 Standorten in Deutschland. Wie steht es um die deutsche Nachwuchsarbeit?
Gott sei Dank hat sich da in den letzten 15 Jahren alles umgestellt. Nach der WM 1998 und der EM 2000 war das auch notwendig. Die Jungen werden heute viel besser und breiter ausgebildet und das macht sich auch bezahlt. Die vielen Talente kommen ja nicht von ungefähr. Deutschland ist in Europa in puncto Jugendausbildung mit Holland, Spanien und Frankreich sicher die beste Adresse.
Wie unterscheiden sich Stürmer wie Robert Lewandowski oder Pierre-Emerick Aubameyang von Stürmern wie Ihnen damals? Welche Qualitäten braucht man heute im Gegensatz zu früher?
Den klassischen Mittelstürmer von damals gibt es heute gar nicht mehr. Ich bin zum Großteil an der Mittellinie gestanden und habe auf einen Ball gewartet. Dann bin ich nach links gezogen und in das Eins-gegen-Eins gegangen.
Heute funktioniert viel mehr über Kombinationsspiel und nicht mehr über Einzelaktionen. Lewandowski ist heute das, was man einen klassischen Mittelstürmer nennt, der aber nichts mehr mit einem Stürmer wie mir damals gemein hat. Die Aufgaben für die Mannschaft sind vielseitiger geworden und es reicht nicht aus, einfach vorne zu warten.
Bevorzugen Sie die falsche oder richtige Neun?
Die richtige Neun (lacht). Schauen Sie sich Mario Götze an. Der ist ein Spieler, der hinter der Spitze spielen muss. Der hat so immens gelitten unter der Position als falsche Neun. Ich hoffe er kommt bei Dortmund bald wieder zurück.
Sollte Jogi Löw Sandro Wagner zur WM 2018 mitnehmen?
Naja, er müsste ihn schon noch ein paar Mal testen. Er ist sicher eine gute Alternative, spielerisch zwar nicht so stark, aber sehr groß und kopfballstark. Zusätzlich verfügt er über gute Torjägerqualitäten und hat einiges an Spielverständnis dazugelernt. Aber er muss seine Leistung über einen längeren Zeitraum im Nationalteam bringen, dann kann man überlegen.
Die Champions League gibt es ab nächster Saison nur mehr im Pay-TV. Empfinden Sie diesen Schritt als richtig oder falsch?
Es hat nicht jeder Sky oder ähnliches bzw. kann es sich nicht leisten. Auf Deutsch gesagt finde ich es bescheuert, aber Geld regiert die Welt.
Sollten sich die Öffentlich-Rechtlichen vom Fußball gänzlich verabschieden und den kleinen Sportarten mehr Raum geben?
Das werden sie auch machen, aber du bekommst niemals die Zuschaueranzahl wie beim Fußball. Jeder guckt gern Fußball, insbesondere, wenn es zu den großen Spielen kommt: Viertelfinale, Halbfinale, Finale in der Champions League. Dahingehend ist die Entwicklung einfach schade.
Sie haben damals bis zum Alter von 38 Jahren gespielt, ebenso wie Karlheinz Körbel, Uli Stein oder Lothar Matthäus. Heute ist ein 32-Jähriger wie Bastian Schweinsteiger in den USA im Vorruhestand, Lukas Podolski in Japan ist ein ähnliches Beispiel. Was ist heute anders?
Wir hatten bei weitem nicht so viele Spiele. Heutzutage bestreitet ein Profi teilweise 50, 60 Spiele in der Saison. Pokal, Champions League, Meisterschaft, noch ein Pokal, eventuell Turnier mit der Nationalmannschaft. Wir haben damals vielleicht einmal im UEFA-Pokal gespielt oder im Europapokal der Pokalsieger. Außerdem sind die Spiele körperlich viel belastender geworden. Wenn du jeden 3. Tag über 90 Minuten spielst, wundern mich die Verletzungen überhaupt nicht mehr.
Letzte Frage: Schafft es Rot-Weiß Essen noch einmal in die Bundesliga?
Das kann ich nicht genau sagen. Der derzeitige Trainer ist sicher nicht schlecht und Zuschauer haben sie ja auch genug. Was aber genau passieren müsste, damit es wieder nach oben geht, weiß ich ehrlicherweise nicht. Dafür habe ich auch zu wenig Kontakt zum Verein.
Glauben Sie, das ist in absehbarer Zeit möglich?
Nein, das glaube ich nicht!
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