Am letzten Spieltag der Europa League hat der krasse Außenseiter aus Irland bei Maccabi Tel Aviv in Israel noch die Chance, den Sprung unter die letzten 32 Teams zu schaffen. Seit Sommer legten die Halbprofis von der grünen Insel eine echte Fußball-Traumreise hin.
Um das nächste Traumziel zu erreichen, muss die Mannschaft des FC Dundalk 5.530 Kilometer auf sich nehmen. Am Donnerstag haben die Iren in der Europa League in Gruppe D im israelischen Netanya im Duell bei Maccabi Tel Aviv die Chance, sich im 6. und letzten Spiel noch für die K. o.-Phase zu qualifizieren.
Dafür könnte „The Town“, wie der Verein aus der 30.000-Einwohnerstadt im Nordosten der grünen Insel genannt wird, bereits ein Remis im Parallelspiel des Kontrahenten AZ Alkmaar gegen Zenit St. Petersburg reichen – einen eigenen Sieg vorausgesetzt.
Ein Volksheld namens Kilduff
Warum eigentlich nicht? Das Hinspiel am 29. September gewann Dundalk durch ein Tor von Stürmer Ciaran Kilduff mit 1:0. Eine Sensation. Immerhin war es der erste Sieg eines irischen Klubs in einer Europacup-Hauptrunde seit dem 1:0 von Bohemians Dublin in Runde 1 des UEFA-Pokals 2000/2001 beim 1. FC Kaiserslautern. Dass Kilduff nun neuer Volksheld in Dundalk ist, versteht sich fast von selbst.
Gilt aber auch für den Rest der Truppe von Trainer Stephen Kenny. Die Halbprofis verdienen beim 15-fachen irischen Meister ihr Geld außerhalb des Rasens, u. a. als Versicherungsmakler, Basketball-Trainer oder Wurstverkäufer. Sie sind in diesem ganz großen Jahr des irischen Fußballs die zweite Sensation von der Insel neben der Nationalmannschaft aus dem protestantisch geprägten Norden, die bei der EURO für Furore sorgte.
Dundalk ist nach den Shamrock Rovers (2011) der 2. irische Klub, der eine Europa-League-Gruppenphase erreichte. Die Rovers, deren Heimstätte Tallaght Stadium Dundalk für seine EL-Auftritte nutzt, blieben damals jedoch ohne Punkt.
Erfolgsteam aus dem Nichts
„Wir repräsentieren auch die Region und unser Land und geben den Menschen so etwas wie Stolz“, erklärte Trainer Kenny in einem TV-Beitrag im offiziellen Europa League Magazin. Dundalk-Fan Alan Matthews, dessen Eltern sich im kleinen, nicht europacuptauglichen Stadion Oriel Park kennenlernten, kann das nur bestätigen: „Niemals hätte ich 2012 auch nur in meinen wildesten Träumen gedacht, dass wir im Sommer 2016 2-facher Meister sind und im Europapokal spielen.“
Vor gut 4 Jahren war für Dundalk der Film eigentlich gelaufen. Bei dem hoch verschuldeten Klub gingen 2012 nach einem Liga-Spiel gegen Shamrock buchstäblich die Lichter aus. Da die Stromkosten zu hoch waren, knipste man in Dundalk direkt nach dem Schlusspfiff das Flutlicht aus. Typisch Irisch.
Der Boss glaubt nicht an Märchen
Erst Stephen Kenny machte mit beharrlicher Aufbauarbeit aus dem chronisch klammen Klub einen der größten Sensations-Acts im europäischen Fußball. Die Traumreise begann Mitte Juli mit der CL-Quali gegen FH Hafnarfjördur aus Island (1:1 / 2:2). Nach 0:1 und 3:0 gegen den weißrussischen Serienmeister BATE Borissow, für Klubbesitzer Jim Reilly der „ultimative Wahnsinn“, hatte Dundalk schon vor den Playoffs gegen Legia Warschau (0:2 / 1:1) den Startplatz in der Europa League sicher. Dass beim Hinspiel gegen die Polen im Aviva Stadium von Dublin 50.000 Fans statt der üblichen 5.000 Anhänger da waren, sorgte für zusätzliche Gänsehaut.
Reilly sieht Dundalks Weg durch Fußball-Europa mit irischem Pragmatismus: „Ein Märchen? Ich glaube nicht an Märchen, ich glaube an harte Arbeit.“ Die hat das Team mit dem Jahres-Etat von € 1 Mio. und mit dem geringsten Kaderwert der aktuellen EL-Saison von € 1,25 Mio. auf jeden Fall abgeliefert.
Gelingt in Israel der nächste Schritt, so ist die Story dazu quasi schon geschrieben. Von Coach Kenny – vor 5 Jahren in seiner Abschlussarbeit zur UEFA-Trainerlizenz. Der Titel lautete: Building a club from nothing – Aufbau eines Klubs aus dem Nichts.