Der FC Bayern ist ein Käufer-, kein Verkäuferklub. In München bestimmt der Verein, wann ein Spieler abgegeben wird. So zumindest sieht sich der FCB selbst. Doch wenn Akteure ihre Verträge nicht verlängern wollen, sind auch dem ruhmreichen Rekordmeister die Hände gebunden. Dann müssen selbst die Bayern einen Spieler ablösefrei ziehen lassen. In der langen Geschichte des FCB gab es bereits mehrere Abgänge von Leistungsträgern ohne Transferentschädigung. Im kommenden Sommer droht erneut ablösefreier Aderlass.
Auf Max Eberl wartet in den nächsten Monaten Schwerstarbeit. Gleich 7 Verträge von Bayern-Spielern laufen im Sommer 2025 aus: Manuel Neuer, Sven Ulreich, Eric Dier, Alphonso Davies, Joshua Kimmich, Leroy Sané und Thomas Müller. Bereits jetzt gilt als sicher, dass nicht jeder aus dem Septett ein neues Arbeitspapier an der Säbener Straße unterzeichnen wird.
Während die Zeichen bei Dier von Vereinsseite aus auf Trennung stehen, droht dem FCB bei Kimmich, Sané und Davies ein ungewollter ablösefreier Abgang. Vor allem Letztgenannter liebäugelt mit einem Wechsel zu Real Madrid. Der Marktwert des Kanadiers wird aktuell auf 50 Mio. € taxiert – eine Menge Geld, was den Bayern entgehen würde. Noch hat Eberl eine Vertragsverlängerung des 24-Jährigen aber nicht aufgegeben. „Die Chancen sind da“, so der Sport-Vorstand Anfang November.
Weitaus optimistischer sind die Bayern für die Kontrakt-Ausdehnungen bei Kimmich und Sané. Doch so lange die Tinte unter den neuen Verträgen der beiden Nationalspieler nicht getrocknet ist, darf sich der FCB nicht sicher sein. Zu groß ist mittlerweile aufgrund eines üppigen Handgelds die Verlockung auf einen ablösefreien Wechsel. Das zeigen diese Beispiele der Vergangenheit:
Bouna Sarr, Saison 2024/25 (vereinslos)
Die Verpflichtung des Senegalesen erwies sich als echter Rohrkrepierer! Im Oktober 2020 wechselte der Außenverteidiger für 8 Mio. € von Olympique Marseille an die Säbener Straße. Doch rechtfertigen konnte er das investierte Geld nie. Nur 33 Mal kam er für die Bayern zum Einsatz, davon lediglich 12 Mal in der Startelf. Zu keiner Zeit kam Sarr in die Nähe eines Stammplatzes. Zwar versuchte der FCB mehrfach ihn zu verkaufen, doch aufgrund seines fürstlichen Salärs lehnte der Spieler einen Wechsel ab und saß seinen lukrativen 4-Jahresvertrag lieber auf der Bank oder der Tribüne aus.
Daley Blind, Saison 2023/24 (FC Girona)
Zwar verließ der Niederländer den FC Bayern ablösefrei, allerdings war dieser Abgang vom Klub gewollt. Im Januar 2023 schloss sich Blind dem FCB an, nachdem sein Vertrag bei Ajax Amsterdam im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst wurde. Der 101-fachen Nationalspieler sollte mindestens für ein halbes Jahr eine Alternative in der Defensive sein, nachdem sich Lucas Hernández kurz zuvor bei der WM in Katar das Kreuzband riss. Von Anfang an allerdings spielte der Links- und Innenverteidiger kaum eine Rolle – weder unter Julian Nagelsmann noch unter dessen Nachfolger Thomas Tuchel. 5 Mal kam Blind für die Bayern zum Einsatz, davon nur ein einziges Mal in der Startelf. Bereits frühzeitig war klar, dass er den Klubs bereits im Sommer wieder verlassen wird müssen. Und so kam es auch. Der FCB war an einer Vertragsverlängerung nicht interessiert und ließ Blind ablösefrei Richtung Spanien ziehen.
Corentin Tolisso, Saison 2022/23 (Olympique Lyon)
Der Franzose ist der sechsteuerste Einkauf in der Klubhistorie des FC Bayern. 2017 überwiesen die Münchner 41,5 Mio. € für den Mittelfeldspieler nach Lyon. Damit war er lange Zeit der Rekordeinkauf der Bundesliga (alle Bundesliga Wetten). Rechtfertigen konnte er seinen hohen Preis nur selten. Verletzungen prägten seine Zeit in München, weshalb der heute 28-Jährige in 5 Jahren lediglich auf 118 Pflichtspiel-Einsätze kam und sein Marktwert auf 15 Mio. € sank. Im Mittelfeld liefen ihm Joshua Kimmich und Leon Goretzka deutlich den Rang ab, deshalb besaß eine Vertragsverlängerung für die Bayern keine Priorität. Laut Medienberichten konnte sich der FCB bis zuletzt dennoch eine weitere Zusammenarbeit mit Tolisso vorstellen, diese scheiterte jedoch an den hohen Gehaltsvorstellungen des Spielers.
Niklas Süle, Saison 2022/23 (Borussia Dortmund)
Der ablösefreie Wechsel des Innenverteidigers wurde beim FC Bayern mit gemischten Gefühlen betrachtet. Während viele seiner Teamkollegen den Abgang des 26-Jährigen bedauerten, weinten ihm die Klub-Bosse und ein Großteil der Fans keine Träne nach. Fakt ist allerdings: War Süle fit, gehörte er in seinen 5 Jahren fast immer zum Stammpersonal der Münchener. 20 Mio. € Ablösesumme legte der Rekordmeister 2017 für den 1,95-Meter-Hünen hin, in 170 Pflichtspielen stand er für den Klub auf dem Rasen. Dass es Süle ausgerechnet zum größten nationalen Rivalen nach Dortmund zieht, stieß vor allem bei Uli Hoeneß auf Unverständnis. Laut dem Ex-Präsidenten wechselte der deutsche Nationalspieler, der bei seinem Abschied einen Marktwert von 35 Mio. € besaß, nur wegen des Geldes zum BVB.
David Alaba, Saison 2021/22 (Real Madrid)
Kein Spieler war bei seinem ablösefreien FCB-Abgang wertvoller als der Österreicher: 55 Mio. € Marktwert! Die Münchener hatten ursprünglich die Absicht, den Vertrag mit dem Defensivakteur zu verlängern. Beim Gehalt kamen beide Seiten aber nicht auf einen Nenner, weshalb die Bayern ihr Angebot zurückzogen. Damit war der Abgang Alabas beschlossene Sache. Ein vorzeitiger Verkauf im Winter 2021, um noch eine Ablösesumme zu kassieren, kam für den Klub nicht in Frage. Die sportlichen Ziele genossen höhere Priorität.
Luca Toni, Saison 2010/11 (CFC Genua)
Zwar bekamen die Bayern für den Stürmer kein Geld, der Abgang war aber zu verschmerzen. Und er war von beiden Seiten gewollt. Nach der Verpflichtung von Mario Goméz war für den Italiener kein Platz mehr im FCB-Angriff. Zudem lagen er und Trainer Louis van Gaal nicht auf einer Wellenlänge. Der ursprünglich noch bis Sommer 2011 laufende Vertrag wurde in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst. 2007 zahlten die Münchner noch 11 Mio. € für Tonis Dienste an die AC Florenz.
Claudio Pizarro, Saison 2007/08 (FC Chelsea)
Rein sportliche Gründe hatte der Abschied des Peruaners aus der bayerischen Landeshauptstadt. Zwar gewann Pizarro mit den Bayern zwischen 2001 und 2007 insgesamt 6 Titel, der Henkelpott war allerdings nicht dabei. Da der FCB in der Saison 2007/08 nur im UEFA-Cup an den Start ging, zog es den Stürmer ablösefrei zum FC Chelsea, um sich dort den Traum vom Gewinn der Champions League zu erfüllen. Das klappte bekanntlich nicht. Ein Angebot zur Vertragsverlängerung beim FC Bayern schlug Pizarro aus.
Michael Ballack, Saison 2006/07 (FC Chelsea)
Ein Jahr vor Pizarro schloss sich bereits der damalige Bayern-Kapitän den Blues an. Dieser ablösefreie Wechsel traf die Vereinsverantwortlichen hart. Uli Hoeneß unterstellte Ballack, nur wegen des Geldes zu wechseln. Unter tosendem Applaus der Fans zog der damalige Manager das Vertragsangebot an den Spieler (40 Mio. € für 4 Jahre) auf der Mitgliederversammlung zurück, nachdem Ballack sich weigerte, dieses anzunehmen. Kurios: Die Münchner setzten Ballack bereits im November 2005 unter Druck, eine Entscheidung zu treffen. Andere Führungsspieler hatten Zeit bis zum Jahresbeginn 2006.
Zé Roberto, Saison 2006/07 (Nacional)
Eigentlich war die Personalie Zé Roberto beim FC Bayern eine Erfolgsgeschichte. Der Brasilianer lieferte Leistung ab und gewann mit dem Klub Titel. Als der FCB dem Mittelfeldspieler im August 2005 aber die Freigabe für ein Länderspiel verweigerte, zerriss das Tischtuch. Der Spieler äußerte sich im Anschluss kritisch über den Verein und Trainer Felix Magath. Bereits im Winter wollte Zé Roberto den Klub verlassen, musste seinen Vertrag allerdings aussitzen. Zwar wollten die Münchner den Kontrakt mit dem damals 31-Jährigen verlängern, Hoeneß sagte dazu allerdings, dass „die Verhandlungen mit Zé keine Ergebnisse gebracht hätten“.