Bundesliga: Die traurige Weitschussbilanz der Liga
Bundesliga: Die traurige Weitschussbilanz der Liga

Bundesliga: Die traurige Weitschussbilanz der Liga

Erinnern Sie sich noch an die Distanzschüsse eines Mario Basler, an das 63-Meter-Tor von Diego oder die Freistoßkracher Marke Hakan Calhanoglu? Die Bundesliga lebt seit fast 55 Jahren auch von ihren Weitschuss-Spezialisten. Doch die Weitschussbilanz, die Zahl der aus großer Entfernung erzielten Tore, ist seit Jahren rückläufig. Dafür gibt es Gründe.

Der Abgang von Hakan Calhanoglu (23) zum AC Mailand tut nicht nur Bayer 04 Leverkusen weh. Der zuletzt gesperrte Rechtsfuß fehlt irgendwie der gesamten Liga wegen seiner unbestrittenen Qualitäten bei Weitschüssen und Distanz-Freistößen. Unvergessen sein 40-Meter-Hammer in Diensten des Hamburger SV gegen Borussia Dortmund (3:0) am 22. Februar 2014. Insgesamt erzielte der türkische Nationalspieler 17 Weitschuss-Tore in 111 Bundesliga-Spielen. Damit liegt er in der „ewigen“ Torjägerliste der Weitschuss-Spezialisten gleichauf mit dem ebenfalls u. a. für Bayer 04 Leverkusen und den HSV aktiven Stefan Beinlich.

Reus ist der letzte „Scharfschütze“ der Liga

Vermutlich bis Februar 2018 nach Kreuzbandriss nicht einsatzfähig ist der auf Platz 10 der „Scharfschützen-Tabelle“ rangierende Dortmunder Marco Reus. Der Nationalspieler erzielte 16 Treffer aus größerer Entfernung. Reus kann somit die seit Jahren rückläufige Bilanz der Weitschusstreffer in der Fußball-Bundesliga nicht aufpolieren.

Im Gegenteil. Die Weitschuss-Könige der Liga wie „Super-Mario“ Basler (Bremen, FC Bayern, FCK / 31 Distanzschuss-Treffer), Weltmeister Thomas Häßler (FC, Karlsruhe, 1860 / 23) oder Mehmet Scholl (KSC, FC Bayern / 22) erscheinen fast wie ein Relikt aus vergangenen Fußball-Taktik-Zeiten. „Man merkt deutlich, dass die Trainer sich ausführlich mit spielanalytischen Statistiken auseinandersetzen“, weiß Jörg Hobusch von SPORT BILD um die Gründe für die Angst der Liga vor dem Weitschuss, „anders ist kaum zu erklären, dass sie ihren Spielern mit auf den Weg geben, sich bis in den Strafraum durch zu kombinieren.“ Auf gut Deutsch: Lieber den Ball ins Tor tragen, als sich durch einen abgerutschten Weitschuss den Spott der Zuschauer und den Zorn des Trainers zuziehen. Oder?

Die Angst der Liga vor dem Weitschuss

In der letzten Saison lag der Anteil der Weitschuss-Tore in der Liga bei nur 38,4%. Im Schnitt findet nur jeder 32. Schuss in einem BL-Spiel aus der Distanz den Weg ins Netz. Blicken wir auf die Weitschuss-Statistiken der letzten 24 Jahre. Hier fällt auf, dass die Saison 2012/2013 und die letzten beiden Spielzeiten mit Werten zwischen 3.301 und 2.932 Distanz-Schussversuchen die letzten 3 Plätze im Ranking belegen. In den Glanzzeiten von Basler, Scholl und Co. waren es 1993/94 noch 4.716 Schüsse, die von außerhalb des Strafraums abgegeben wurden.

Paradebeispiel für den „Verzicht“ auf Schussversuche aus mehr als 16 Metern Torentfernung sind die Dortmunder mit Bundesliga-Torschützenkönig Pierre-Emerick Aubameyang. Der 28-jährige Stürmer erzielte seit seiner Ankunft 2013 nur einen seiner insgesamt 86 Liga-Treffer für den BVB aus der Distanz. Am 30. November 2013 überlistete Auba den Mainzer Keeper Loris Karius mit einem direkt verwandelten Freistoß. Eine gefühlte Ewigkeit. Allein dieser Fakt zeigt: Die Liga braucht neue Scharfschützen.

Hakan Calhanoglu (l.), der im Bild in Diensten des Hamburger SV mit Tolgay Arslan jubelt, war einer der letzten Distanzschuss-Spezialisten in der Liga. Er spielt nun in Italien. 

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