Die recht mühsame Trainersuche beim niederländischen Fußballverband ist beendet. Retter der Nation wird – ohne Trommelwirbel und Tamtam – Dick Advocaat! Eine große Euphoriewelle löst die Rückkehr des 69-Jährigen, der nunmehr zum 3. Mal die Elftal übernimmt, nicht aus. Viel mehr zeigt sich, welche Not und mittlerweile auch Ratlosigkeit in Holland herrschen.
Liegt die stolze Elftal am Boden, kennt unser Nachbarland offenbar nur noch eine Lösung: Die Schatten der Vergangenheit. 2012 holte der Verband erst Louis van Gaal zurück. Im Anschluss wurde Guus Hiddink zum 2. Mal Bondscoach.
Weil der Tulpengeneral diesmal auf der Guardiolarischen Variante („Boss oder nix“) bestand, geht stattdessen mit Dick Advocaat der kleine General in seine 3. Amtszeit als Nationaltrainer. Von seinem kurzen Bundesliga-Gastspiel bei Borussia Mönchengladbach (November 2004 bis April 2005) blieb der Spitzname noch am meisten in Erinnerung.
Nicht der Wunschkandidat
12 Jahre später wollte Advocaat seine Trainerkarriere in der Türkei eigentlich langsam ausklingen lassen – bis der KNVB nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren verzweifelt S.O.S. funkte. Oranje statt Rente, wie es der Spiegel passend auf den Punkt brachte. Eher unpassend war das Bild, welches Verbandssportdirektor Hans van Breukelen auf der einberufenen Vorstellung abgab. Links oder rechts neben ihm: Kein alter, neuer Bondscoach!

Der Nachfolger des krachend gescheiterten Danny Blind weilt am Bosporus, trainiert Fenerbahce Istanbul noch bis zum Saisonende. Die Meisterschaft ist bei 8 Punkten Rückstand zur Spitze fast außer Reichweite. Von Advocaats 15 Jahre jüngeren Assistenten Ruud Gullit fehlte ebenfalls jede Spur.
„Entweder entscheiden wir uns für eine langfristige Lösung, oder wir versuchen alles, um uns noch für die WM 2018 zu qualifizieren. Wir haben uns für die 2. Möglichkeit entschieden“, begründete Hans van Breukelen. Aus den weiteren Aussagen lässt sich außerdem interpretieren, dass andere Trainer wie Frank der Boer oder der ebenfalls gehandelte Ex-Leverkusener Roger Schmidt wohl aktuell nicht zu bekommen waren.
Nur bei 4 Siegen noch WM-Chancen
Dick Advocaat hatte die Niederlande 1994 ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft geführt. Bei der EM 2004 ging es für Oranje bis in das Halbfinale. Doch nicht immer sind aller guten Dinge 3. Der Anschluss an die Weltspitze ging trotz eines Zwischenhochs 2012 verloren. Anstatt mit einer zukunftsorientierten Lösung den stagnierenden Umbruch neu anzukurbeln, setzt der Verband lieber alles auf eine Karte.
Mindestens 4 Siege aus 5 Spielen sind Pflicht für Advocaat. Seine heikle Mission beginnt er am 9. Juni gegen Luxemburg. Wird die WM verpasst, beginnt die Bondscoach-Suche von vorne. Seit 1988 nahm der KNVB bereits 16 Trainerwechsel vor – ein klares Zeichen für die von Louis van Gaal geforderte Strukturreform innerhalb des Verbandes.