Der Aufschrei nach der Verletzung von Jerome Boateng war groß. Sowohl im Lager des FC Bayern, der nun in wichtigen Monaten auf seinen Abwehr-Chef verzichten muss, als auch bei der deutschen Nationalmannschaft wurde der Muskelbündelriss des Weltmeisters mit Schrecken aufgenommen. Immerhin droht dem Innenverteidiger das EM-Aus. Damit wäre er nicht der erste oder einzige Star, der dieses Schicksal erleidet. Schaut rein, wer in der Vergangenheit vom Verletzungspech verfolgt wurde und dadurch eine Europa- oder Weltmeisterschaft verpasst hat.
Rene Adler (WM 2010): Wer weiß, wo er heute spielen würde, hätte sich Rene Adler im Mai 2010 vor der WM in Südafrika nicht verletzt. Mit einer Rippenblessur musste der Schlussmann seine Teilnahme an der ersten Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden canceln. Manuel Neuer gewann das Duell gegen Tim Wiese um die Vertretung von Adler. Der Rest ist bekannt. Neuer etablierte sich, wurde zum besten Keeper der Welt.
Christoph Metzelder (EM 2004): Bereits bei der Weltmeisterschaft 2002 hatte Christoph Metzelder eine tragende Rolle in der deutschen Nationalmannschaft. Deutscher Meister mit dem BVB, Vize-Weltmeister und arg vom Verletzungspech verfolgt. Von Oktober 2002 an hatte Metze immer wieder Probleme an der Achillessehne, die ihn letztlich auch noch die Europameisterschaft 2004 in Portugal kosteten. 2 Operationen musste der Verteidiger über sich ergehen lassen bis er im Dezember 2004 endlich sein Bundesliga-Comeback feiern konnte. Zwischenzeitlich hatten einige Fans schon befürchtet, dass Metzelder nie wieder auf den Platz zurückkehrt. Dies erwies sich als Irrtum und so landete er später noch bei Real Madrid und dem FC Schalke 04.
Lothar Matthäus (EM 1992): Auf dem Höhepunkt seiner Karriere erlitt Lothar Matthäus eine der schlimmsten Fußballer-Verletzungen überhaupt. Im April zwang ihn ein Kreuzbandriss zur Pause und machte damit eine Teilnahme an der Europameisterschaft 1992 unmöglich. Nur wenige Monate vorher war Matthäus zum ersten offiziellen Weltfußballer des Jahres gewählt worden. Bis heute ist er der einzige Deutsche, der diesen Titel gewinnen konnte.
Jens Nowotny (WM 2002): Jens Nowotny ist der personifizierte Kreuzbandriss. Satte 4 Mal zog er sich diese Verletzung im Laufe seiner Karriere zu. Und immer wieder kehrte er auf den Platz zurück. Vor der Weltmeisterschaft 2002 reichte die Zeit jedoch nicht. Somit verpasste der ehemalige Leverkusener sein aussichtsreichstes WM-Turnier. Denn 1998 gehörte Nowotny noch nicht zum Kader und 2006 gab es mit Metzelder und Mertesacker inzwischen 2 bessere Spieler auf Nowotnys Position. Somit kam er beim Spiel um Platz 3 gegen Portugal zu seinem einzigen WM-Einsatz.
Matthias Sammer (WM 1998): Während Matthias Sammer 1996 noch zur umjubelten Europameister-Mannschaft gehörte, wurde er bei der WM in Frankreich 1998 schmerzlich vermisst. Schmerzlich waren auch Sammers Erfahrungen mit Knie-Operationen. Im Oktober 1997 fing er sich bei einem Eingriff MRSA-Keime ein, die ihn nicht nur die WM 1998, sondern seine Karriere kosteten. Im Alter von nur 32 Jahren musste er seine Fußballschuhe an den Nagel hängen.
Ilkay Gündogan (WM2014): Über ein Jahr musste Ilkay Gündogan wegen eines Nervwurzelreizsyndroms im Rücken pausieren. Diese Verletzung, die im Juni 2014 sogar eine Lendenwirbelsäulen-Operation zur Folge hatte, kostete ihn den Weltmeister-Titel, denn Gündogan wäre im defensiven Mittelfeld eine echte Alternative zum verletzungsanfälligen Sami Khedira gewesen. Mittlerweile hat der gebürtige Gelsenkirchener zurück zu alter Leistungsstärke zurückgefunden und ist ein Stammplatz-Kandidat für die EM 2016 in Frankreich.
Sebastian Deisler (WM 2002): Er galt Ende der 90er Jahre als eines der hoffnungsvollsten deutschen Talente im Fußball. Doch sein Körper hielt seinem enormen Talent nicht Stand. Immer wieder plagte sich der Mittelfeldspieler mit dem rechten Zauberfuß mit Verletzungen herum. 2002 stoppte ihn eine Kniescheibenverletzung. Nach etlichen Verletzungen war dann auch sein Geist seinem kaputten Körper nicht mehr gewachsen. In der Saison 2003/04 setzte Deisler aufgrund von Depressionen mehrere Monate aus, um dann im Januar 2007 endgültig sein Karriereende zu verkünden.
Michael Ballack (WM 2010): Was ein Drama. Bei der EM 2008 hatte Michael Ballack die deutsche Mannschaft noch in die KO-Phase geballert, bei seiner geplant letzten Weltmeisterschaft fehlte er jedoch. Der Knöchel der Nation verhinderte eine Teilnahme am Turnier in Südafrika. Wenige Wochen zuvor war ihm Kevin-Prince Boateng, der damals noch in Diensten des FC Portsmouth stand, böse auf den Fuß gestiegen, sodass sich Ballack das Innenband und Teile der Syndesmose am Sprunggelenk riss. Es war gleichzeitig das abrupte Ende Ballacks Nationalmannschaftskarriere, denn auch nach der WM kam er zunächst wegen Verletzungen und dann aufgrund Jogi Löws Nicht-Berücksichtigung nicht mehr zum Einsatz. So ein Ende wünscht man keinem.
Mehmet Scholl (WM 2002): Nach Jens Nowotny war Mehmet Scholl der 2. Spieler, der die Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea verletzungsbedingt absagen musste. Immer wieder hatte der wendige Mittelfeldspieler des FC Bayern mit Blessuren zu kämpfen. Knöchel- und Rückenprobleme waren es, die seine WM-Teilnahme unmöglich machten. Im April 2002 erklärte er wegen der anhaltenden Probleme seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Trotz aller Erfolge, die er in seiner Karriere einfuhr, nahm Scholl nie an einer Endrunde einer WM teil.
Marco Reus (WM 2014): Der Ausfall von Marco Reus war für Bundestrainer Joachim Löw im Vorfeld der WM 2014 wohl die bitterste Pille, die er zu schlucken hatte. Der Dortmunder war in bestechender Form und wäre ganz sicher ein Kandidat für die erste Elf gewesen. Stattdessen musste der Offensivakteur die WM vor dem heimischen Fernseher verfolgen. Ein Teilriss der linken vorderen Syndesmose und ein knöcherner Bandausriss an der Fersenbein-Vorderseite machten ein Mitwirken unmöglich. Bei dem offiziellen Weltmeister-Foto nutzte sein Kumpel Mario Götze die Gelegenheit, Reus doch noch irgendwie Teil der Truppe von 2014 sein zu lassen. Die Spieler um Götze, Mustafi und Podolski hielten Reus Trikot mit der Nummer 21 in die Kamera.
Frank Mill (WM 1982): 387 Bundesligaspiele, 123 Tore – das ist die Bilanz von Frank Mill als Vereinsstürmer von Borussia Mönchengladbach, Borussia Dortmund und Fortuna Düsseldorf. Als Nationalspieler biss sich Franky jedoch oft die Zähne an Stürmerkollegen aus. Wegen einer Rückenverletzung wurde er 1982 von Bundestrainer Jupp Derwall nicht für die WM nominiert und auch anschließend musste er bei der EM 1984 und WM 1986 einigen anderen Angreifern den Vortritt lassen. So kommt es, dass Mill gerade einmal auf 17 Länderspiele kommt. 1990 gehörte er bei der WM zum Kader, wurde jedoch nicht eingesetzt, weshalb sich Mill nach dem Titel auch wie folgt äußerte: „Eigentlich bin ich kein Weltmeister.“ Sehr wohl ist er aber Rekord-Torschütze (10 Treffer) der deutschen Olympia-Auswahl, mit der er 1984 und 1988 bei den Spielen in Los Angeles bzw. Seoul antrat.