Brexit: Dr. Tom Markham über die Auswirkungen im Fußball
Brexit: Dr. Tom Markham über die Auswirkungen im Fußball

Brexit: Dr. Tom Markham über die Auswirkungen im Fußball

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Das Pfund schwächelt, erste Spieler fordern auf Grund der ökomischen Veränderungen höhere Gehälter. Zu Recht?

Spieler wie Mesut Özil oder Alexis Sanchez sind auf Grund ihrer Leistungen und ihrer Bedeutung für ihren Verein natürlich in einer komfortablen Situation und können solche Forderungen stellen. Sie verfügen über Finanzberater, die schon jetzt zukünftige Auswirkungen des Brexit miteinkalkulieren. Beide sind in einer sehr guten Verhandlungsposition.

Insgesamt werden Spieler für die Klubs zukünftig teurer werden, sowohl was die Ablösesummen als auch die Gehälter betrifft. Gehälter fallen in der öffentlichen Wahrnehmung eines Transfers leicht unter den Tisch. Dabei muss man das Gehalt unbedingt berücksichtigen –bei einem 4- oder 5-Jahresvertrag kann es leicht genauso viel ausmachen wie die Ablösesumme.

Könnte der Brexit dafür sorgen, dass die Premier League an Strahlkraft verliert und weniger Stars nach England wechseln?

Der Brexit wird ganz sicher große Auswirkungen haben. Die Wirtschaft bestimmt den modernen Sport und üblicherweise folgen die Spieler dem Geld.

Heute haben die europäischen Klubs 2 Preise, wenn sie einen Spieler zum Verkauf anbieten. Einen überteuerten Preis für Premier League-Vereine und einen Preis für alle anderen Klubs, also einen, der eher dem tatsächlichen Marktwert des Spielers entspricht.

Aber: Die Premier League ist gerade im ersten Jahr eines 3-jährigen TV-Vertrages. Da bleiben die Einnahmen erstmal gleich. In den anderen großen europäischen Ligen gingen die Erträge zuletzt allerdings im Schnitt um 54% nach oben. Die Ablösesummen werden weiter steigen und die Premier League wird sich mit erstarkter Konkurrenz aus den anderen Ligen auseinandersetzen müssen.

Aktuell könnten Klubs wie Manchester City Weltrekordsummen für Spieler wie Lionel Messi, Luis Suarez, Neymar und Cristiano Ronaldo auf den Tisch legen. Aber in der Zukunft, wenn die Auswirkungen des Brexit wirklich spürbar werden, wird sich das ändern.

Welche Auswirkungen haben Steuern auf die Verträge der Spieler?

Profis zahlen in Großbritannien 45%  Einkommensteuer. Das entspricht in etwa den Werten Deutschlands (47,5%) und Spaniens (45%).

Die heute attraktivsten Länder sind also auf einem Level. Aber die Türkei hat etwa ihren Steuersatz für Fußballprofis auf 15% gesenkt und so Spieler wie Lukas Podolski (Galatasaray) und Robin van Persie (Fenerbahce) oder zuvor bereits Didier Drogba und Wesley Sneijder angezogen. Die Spieler nehmen diese finanziellen Vorteile dankend an.

Die Steuersenkung in der Türkei trat vor 3 Jahren in Kraft und man sieht schnell die direkte Auswirkung auf die Transfers. Ähnliche Effekte zeigten sich 2005 in Spanien, damals ging David Beckham zu Real Madrid. Der Transfer wurde von Steuersenkungen entscheidend begünstigt.

Welchen Einfluss wird der Brexit auf Arbeitsgenehmigungen und Leihgeschäfte haben?

Die Auswirkungen auf die Erteilung von Arbeitsgenehmigungen ist noch nicht ganz klar. Philip Hammond von der Konservativen Partei sagte, dass Großbritannien auch zukünftig für die größten Talente attraktiv bleiben wolle. Aber er spricht auch von mehr Kontrolle. Es hängt also davon ab, auf welche Strategie sich die Regierung einigen wird. Es ist gut möglich, dass die Bestimmungen restriktiver werden.

Wird Englands ökonomische Position im Weltfußball durch den Brexit schwächer?

Ich denke nicht, dass die Position der FA geschwächt wird. Alles, was die UEFA macht, wird in Euro abgerechnet, die FIFA Deals laufen in US-Dollar. Für die FA ist es aktuell also sogar besser, mit diesen Währungen zu arbeiten, die Erträge sind dann in Pfund umgerechnet höher.

Spiegelt sich ökonomischer Erfolg automatisch in sportlichen Ergebnissen wieder?

Es gibt dazu keine globalen Studien, aber realistisch gesehen ist gutes Wirtschaften natürlich der Schlüssel zum Erfolg.

Eine Geschichte wie die Meisterschaft von Leicester City ist toll, aber langfristig holen die Klubs mit der besten wirtschaftlichen Basis auch sportlich die besten Ergebnisse.

In anderen Sportarten, etwa Tennis oder der Formel 1, bedarf es enormer ökonomischer Ressourcen, um ein Talent an die Spitze zu führen. Bei Olympia ist es nicht anders, auch hier dominieren stets die Länder mit den größten wirtschaftlichen Möglichkeiten.

In der Regel bestimmt also die wirtschaftliche Performance den sportlichen Erfolg, aber die Wirkung lässt sich auch in umgekehrter Richtung nachweisen. In einem wissenschaftlicher Paper, das im Journal of Finance veröffentlicht wurde, beschreibt der Autor fallende Aktienkurse britischer unternehmen nach besonders bedeutenden Niederlagen britischer Fußballteams. Es wäre spannend zu analysieren, welche Auswirkung Englands EM-Aus auf die Börse hatte.

Welche Auswirkung wird der Brexit auf die Karrieren britischer Spieler haben?

Der Brexit wird britischen Spielern vermehrt Chancen eröffnen. Das prominenteste Beispiel ist Jamie Vardy, der sich bei Sheffield Wednesday nicht gegen ausländische Talente durchsetzen konnte.

Heute sind die britischen Fußballakademien voll mit Spielern aus der ganzen Welt. Aber dieser Trend wird sich abschwächen, da die Kosten pro Spieler steigen. Britische Talente werden dann wieder attraktiver.

In Deutschland gibt es zentrale Figuren im Fußball, etwa Ex-Bayern-Sportdirektor Matthias Sammer oder Rudi Völler von Bayer Leverkusen, die ein echtes Interesse daran haben, Talente für eine starke Nationalmannschaft zu entwickeln.

Zu diesem Punkt müssen wir auch in England kommen. Wir müssen mehr einheimische und weniger ausländische Spieler ausbilden.

Sind die englischen Gehälter an einem Scheitelpunkt angekommen?

Mit Einführung der neuen UEFA-Richtlinien können Premier League-Klubs nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen. Ob sie so noch die besten Spieler der Welt anziehen können, bleibt abzuwarten. Sanchez und Özil geben mit ihren Gehaltsforderungen eine neue Richtung vor.

In der Summe wird es für die englischen Vereine schwieriger werden, solche Spieler zu halten. Ob die Premier League dann noch die attraktivste Liga der Welt ist? Wir werden es sehen.

Haben die Klubs weitere Optionen, um den Brexit-Folgen entgegenzutreten?

In Deutschland hat jeder Klub die Namensrechte seines Stadions verkauft, in England sind in diesem Bereich noch viele Vereine ohne Sponsor. Neue Arenen werden gebaut, es wird interessant sein zu sehen, welchen Weg etwa Tottenham in dieser Frage geht.

Großes Potenzial dürften auch “Virtual Reality“ Angebote haben. Was können die Klubs ihren weltweiten Fans bieten, die nicht ins Stadion gehen können? Hier gibt es ein riesiges Vakuum, während es in Märkten wie den USA und China schon ein enormes Wachstum gibt. Es ist unbedingt notwendig, dass der englische Fußball von diesen Vorreitern lernt.

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