Sein Ansatz klingt schlüssig. „Ich will die Fans mit Fußball zurückgewinnen“, verspricht Neymar. Ein Superstar, der (auch) auffällt, weil er ständig fällt. Mal Ballkünstler und Vollstrecker, im nächsten Moment Drama-Queen. Jeweils 2 Treffer und Vorlagen des 26-Jährigen haben der Selecao bei der WM 2018 nicht zum erhofften 6. Titel gereicht. Was Neymar in Russland nach Meinung vieler Fans erreicht hat: Seine Vorbildrolle in der Wolga zu versenken!
Die Folgen der weltmeisterlichen Theatralik-Show
Knapp 2 Monate nach dem Viertelfinal-Aus wagt die Selecao den Versuch, ob ein Spieler mit – nennen wir es mal – launischem Charakter sowie angekratzter Vorbildfunktion noch zu einem Anführer wachsen kann. Es gibt 2 Punkte, die man dem neuen Kapitän zu Gute halten kann. Einerseits wird Neymar deshalb so hart und oft gefoult, weil sich die Gegenspieler in den Eins-gegen-Eins-Situation nicht anders zu helfen wissen. Und Nummer 2: Die Karten-Statistik!
In Russland ließen die Schiedsrichter spürbar mehr durchgehen als sonst bei großen Turnieren – nicht bloß im Achtelfinale zwischen Brasilien und Mexiko (2:0). Die viel zitierte internationale Härte konterte der teuerste Fußballer der Welt durch unsägliche Theatralik, woraufhin Buchmacher diverse Neymar-Wetten in ihr Programm aufgenommen haben.
Nicht auszudenken, wie die Reaktionen ausfallen, wenn sich ein brasilianischer Kapitän demnächst nach einem Foul 7 Mal um die eigene Achse dreht. Wer über die Führungsqualitäten des Olympiasiegers – egal ob mit oder ohne Binde am Arm – diskutiert, kommt auch um die Episode Neymar vs. Cavani in Paris nicht herum.
Rückkehr zur „Neymardependencia“?
Inzwischen für beendet erklärt, offenbarte der bizarre Elfmeter-Streit, dass die beiden Sturmpartner allenfalls eine Zweckgemeinschaft verbindet. Zu Thiago Silva, immerhin ein Landsmann, wird ihm ebenso nicht das beste Verhältnis nachgesagt. Sein Nationalcoach spricht nun in Bezug auf Neymar von „Besinnung und Einsicht“.
Doch widerspricht diese Maßnahme nicht genau den Prinzipien, die er zu seinem Amtsantritt im März 2017 aufgestellt hatte? Flache Hierarchien und weniger Abhängigkeit von einem Spieler! Stichwort „Neymardependencia“. 16 verschiedene Spieler, darunter Miranda, Thiago Silva und Marcelo bei der WM, liefen bislang in der Tite-Ära als Kapitän auf. Mit Blick auf die Copa America 2019 ist die Fallhöhe für den Kapitän als auch den 57-Jährige selbst größer denn je.