Andreas Herzog: Den Siegeswillen und Optimismus als Trainer habe ich von Jürgen Klinsmann gelernt
Andreas Herzog: Den Siegeswillen und Optimismus als Trainer habe ich von Jürgen Klinsmann gelernt

Andreas Herzog: Den Siegeswillen und Optimismus als Trainer habe ich von Jürgen Klinsmann gelernt

Werder Bremen spielt derzeit einen sehr schönen Fußball und hat eine beeindruckende Serie hingelegt. Welchen Anteil haben die drei Österreicher am Erfolg?

Einen sehr großen Anteil. Junuzovic ist einer der wichtigsten Spieler in der Mannschaft. Florian Grillitsch hat sich mehr oder weniger zum Stammspieler hochgearbeitet und auch Florian Kainz ist nach seinen Anlaufschwierigkeiten auf einem sehr guten Weg. Wenn er noch ein bisschen zulegt und nur annähernd so gut wie bei Rapid spielt, hat er sicher bald einen Stammplatz.

Die Statistiken sprechen für ihn.

Jetzt ist auch die Mannschaft erfolgreich. Er ist sicher nicht zu Werder gegangen, um dort Joker zu sein. In Österreich war er einer der Besten, und dann willst du auch bei Werder und in der deutschen Bundesliga einen Stammplatz.

Was hat Trainer Alexander Nouri am System geändert, dass es plötzlich wie geschmiert läuft?

Wichtig war die Stabilisierung der Defensive. Für offensiven Fußball war Bremen immer bekannt, aber wenn du im Schnitt drei Tore pro Spiel bekommst, stehst du zwangsläufig am unteren Ende der Tabelle. Serge Gnabry war ein exzellenter Kauf, Max Kruse ist jetzt im Frühjahr förmlich explodiert und Fin Bartels bildet mit Kruse ein kongeniales Duo. Das alles ist zum Großteil der Verdienst von Trainer Alex Nouri und das ist sensationell.

Kann jetzt bei Werder Bremen mit den jungen Spielern rund um Gnabry, Kainz etc. wieder etwas wachsen, um irgendwann an die erfolgreichen Zeiten anzuschließen?

Der Schlüssel dafür wird die Europa League-Qualifikation sein. Dann wäre der Verein wieder attraktiver und sie hätten Zusatzeinnahmen. Um jemanden wie Max Kruse, der schon bei Gladbach und Wolfsburg war, und Zlatko Junuzovic, der verlängert hat, kann man sicher ein Team entwickeln. Serge Gnabry kann man sicher nicht halten, solche jungen Talente hat Werder immer schon verkaufen müssen und das wird auch in Zukunft so sein.

Setzt Florian Grillitsch den richtigen Schritt mit dem Wechsel nach Hoffenheim im Sommer?

Wenn Hoffenheim in die Champions League kommt, dann spielt er Champions League, dann ist es der richtige Schritt. Ich denke, dass er mit Julian Nagelsmann einen hochinteressanten Trainer hat. In Hoffenheim muss er jedoch wieder bei Null anfangen, nachdem er sich in Bremen bereits einen Namen gemacht hat. Ich gehe aber davon aus, dass er es auch dort schaffen wird.

Ein Blick zurück: War Mario Basler wirklich so ein wilder Hund auf und neben dem Platz?

Er hat sich einfach nichts gepfiffen (lacht). Mario war ein genialer Spieler und ein genialer Spieler benötigt gewisse Freiheiten. Natürlich hat er diese Freiheiten manchmal zu stark ausgenutzt, aber immer wenn es knapp war, und Rehhagel ihm die Leviten gelesen hat, hat er wieder die zwei entscheidenden Tore gemacht. Das zeigt, was für ein großartiger und wichtiger Spieler er war.

Gibt es ähnliche Typen wie Basler auch heutzutage?

Das ist heute nicht mehr möglich. Heute sagt jeder in Interviews exakt dasselbe. Im Grunde genommen braucht man ja gar niemanden mehr interviewen. Wenn du sagst, was du denkst, zahlst du gleich eine Geldstrafe oder wirst auf den diversen Social Media-Kanälen angegriffen. Fußball war früher ein Sport, heute ist es ein Business, in dem es um extrem viel Geld geht. Da kann man als Spieler heutzutage nicht mehr so viele Freiheiten und Spaß haben, wie wir es damals gewohnt waren.

Um viel Geld geht es auch bei den Ablösesummen. Ist ein junger Spieler, wie Kylian Mbappé, 130 Millionen Euro wert?

Das ist ja ein Wahnsinn. Er ist ein exzellenter junger Spieler, genauso wie Dembélé vom BVB oder Dybala von Juventus Turin. Das ist die neue Generation der Superstars. Aber, wenn man sieht, welche Summen für diese jungen unerfahrenen Spieler verlangt werden, dann müssten Messi und Ronaldo jeweils 500 Millionen kosten. Und das ist absurd, so kann es auch nicht weitergehen. Jetzt steigen noch die Chinesen und die Amerikaner ein. Ich hoffe, dass diese Blase zum Wohle des Fußballs irgendwann platzt, damit er wieder im Vordergrund steht.

Kommen wir zu Rapid Wien: Der Verein steckt in einer desaströsen Situation. Was waren die Fehlentwicklungen, die zum Absturz des Rekordmeisters vom Vizemeister zum Abstiegskandidaten geführt haben?

Begonnen hat alles mit dem neuen Stadion und den damit verbundenen riesigen Erwartungen im Verein. Die Saison hat mit Mike Büskens dann ja verheißungsvoll angefangen – im ersten Spiel wurde Ried mit 5:0 abgeschossen – und dann habe auch ich mir gedacht, dass Rapid mit dem qualitativ hochwertigen Kader um den Meistertitel mitspielen wird. Der Knackpunkt war dann das Derby gegen die Austria. Das Spiel war ein Riesenpech, ein seltsamer Elfmeter für die Austria, dann eine hundertprozentige Ausgleichsmöglichkeit und, anstatt dass der Kapitän Stefan Schwab den Ausgleich gemacht hat, bricht er sich den Knöchel. Dazu kamen dann die Verletzungen von Schobesberger, Mocinic, Traustason und Hofmann. Das hat eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die nicht mehr aufzuhalten war.

Apropos Mocinic und Traustason, haben diese beiden Neuzugänge bisher enttäuscht?

Am Anfang haben sie mir sehr gut gefallen. Wenn du neu bist, viel Geld gekostet hast und die Mannschaft spielt als Ganzes nicht gut, wird noch mehr von dir erwartet. Dann kam die Abwärtsspirale und das hat auch den Neuzugängen in ihrer Wahrnehmung nach außen geschadet. Steht der Verein dann nicht hinter solchen Spielern, verlieren sie komplett ihr Selbstvertrauen. Der Zlatko Kranjcar war in den 90ern ein Klassespieler bei Rapid und hatte ebenso ein schwieriges erstes Jahr und da hat ihn der Verein unterstützt und gepusht. Diese Unterstützung hat mir diese Saison bei den Neuzugängen ein bisschen gefehlt.

Michael Krammer hat bei der Bekanntgabe der Beurlaubung des Duos Mike Büskens und Andreas Müller öffentlich die Entlassung von Zoki Barisic bereut. War es im Nachhinein ein Fehler, dass der Wohlfühltrainer Barisic entlassen wurde?

Das weiß ich nicht. Die Hintergründe, warum der Zoki entlassen wurde, kenne ich nicht. Er hat bei Rapid auf jeden Fall einen großartigen Job gemacht. Er hat immer junge Spieler eingebaut und ist regelmäßig in die Europa League einmarschiert. Sein einziger Makel war, dass er immer nur Zweiter geworden ist. Wahrscheinlich sitzt er jetzt in der Türkei und denkt sich, dass er seinen Job anscheinend doch nicht so schlecht gemacht hat.

Wer sind denn derzeit die Hoffnungsträger und Talente in der Mannschaft von Rapid?

Mir gefällt der Tamás Szántó sehr gut, der sehr viel Potenzial hat und regelmäßig mit seinen Qualitäten aufzeigt. Heute ist es für junge Spieler leider besonders schwer, da die Mannschaft allgemein schlecht spielt. In einem Jahr, in dem man erfolgreich ist, ist es leichter sich durchzusetzen und auf sich aufmerksam zu machen.

Hat Louis Schaub, der als großes Talent gilt, den Absprung ins Ausland bereits verpasst?

Jetzt muss er zuerst zusehen, dass er zu seiner alten Form zurückfindet, fit ist und sein Selbstvertrauen wiederfindet. Die Saison ist ja auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Natürlich sollte er den richtigen Zeitpunkt für den Gang ins Ausland nicht verpassen, aber da mache ich mir bei ihm keine Sorgen. Die Qualität hat er auf jeden Fall.

Damir Canadi wird nachgesagt, dass er Hierarchien in der Mannschaft neu ordnen wollte und deswegen die Führungsspieler Hofmann und Schaub bewusst hart rangenommen hat. Außerdem soll es zwischen Canadi und der Mannschaft allgemein massive Probleme gegeben haben. Wie sehen Sie das?

Von außen ist das immer sehr schwierig zu beurteilen. Wäre ich ein Spieler gewesen, der das alles mitgekriegt hat, könnte ich mir eine Meinung bilden. Canadi hat die Mannschaft in einer sehr unangenehmen Situation übernommen. Die ersten Spiele waren gleich gegen Genk und Salzburg. Hätte er da Erfolg gehabt, wäre es sicher nach außen und auch innerhalb der Mannschaft leichter gewesen. Das ist nicht passiert, es gab überhaupt keinen positiven Trainereffekt und der Negativtrend hat sich fortgesetzt. Von dem hat man sich ja bis jetzt nicht erholt.

Das ist grundsätzlich sehr verwunderlich, da Damir Canadi ein extrem hohes taktisches Know-how zugeschrieben wird.

Da sieht man wieder, wie verrückt der Trainerjob ist. In Altach war er der beste Trainer Österreichs und bei Rapid ist er plötzlich das komplette Gegenteil. Manchmal passt man eben nicht zu einem Verein, ganz abgesehen von den eigenen Qualitäten. Dann muss man einen Schlussstrich ziehen. Das war sicher auch für ihn eine schmerzhafte Lehre.

Woran ist es dann gescheitert, wenn der Kader ein qualitativ so hochwertiges Niveau hat und der Trainer einer der besten Österreichs ist?

Fakt ist, dass manche Vorgaben eines Trainers, der strikte Regeln aufzieht, nicht bei jedem Spieler gleich gut ankommen. Es ist für einen Trainer schwierig, wenn du permanent nur Negativerlebnisse erfährst. Anfangs hat er sich noch vor die Mannschaft gestellt und dann hat er einmal seiner Frustration freien Lauf gelassen, was die ganze Situation eher schlimmer als besser gemacht hat.

Christoph Schösswendtner soll er vor versammelter Mannschaft gesagt haben, dass er nicht Fußball spielen kann.

Da holt man den Schösswendtner, weil er der offensivstärkste Verteidiger der Liga war und dann setzt man nicht auf seine Fähigkeiten. So etwas verstehe ich nicht. Ich verpflichte den Spieler ja als Verein, weil ich zu 100 Prozent auf seine Qualitäten vertraue. Dass man ihm nach so einer guten Saison mit der Admira auf diese Art und Weise gleich wieder das Selbstvertrauen nimmt, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Ihr Ex-Verein Werder Bremen ist bekannt dafür, dass sie ehemalige Spieler sehr erfolgreich in den Verein einbinden. Sollte Rapid ein ähnliches Konzept verfolgen? Nützen ehemalige Spieler mit „Stallgeruch“ einem Verein?

Nur, weil ich ein erfolgreicher Fußballer war, bedeutet das nicht, dass ich auch ein guter Trainer werde. Wenn ein Spieler aber für einen Verein viel geleistet hat und eine gewisse Grundintelligenz besitzt, sollte man ihn einbinden, da er zur Identität des Vereins gehört. Insbesondere bei Rapid.  Bayern, Real oder Barcelona sind ja nur einige wenige herausragende Beispiele mit Persönlichkeiten wie Hoeneß, Zidane oder Luis Enrique.

Warum haben Sie dann den Sportdirektorposten bei Rapid abgelehnt?

In den ersten Tagen war ich überzeugt davon, dass ich den Job machen will. Dann bin ich irgendwann aufgewacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich lieber noch als Trainer mit der Mannschaft auf dem Platz stehe und mit ihr arbeite.

Hätten Sie den Trainerposten im Dezember angenommen?

Hätte ich ihn angeboten bekommen, hätte ich ihn angenommen.

Wären Sie lieber Cheftrainer bei Rapid Wien oder bei Werder Bremen?

Das sind beides meine Herzensvereine. Die deutsche Bundesliga ist irrsinnig attraktiv, aber mit Rapid spielst du immer um den Meistertitel mit und der Verein ist in Österreich das Nonplusultra. Es wird auch Zeit, dass Rapid die Bezeichnung „Rekordmeister“ wieder bestätigt, weil in den letzten 25-30 Jahren nur drei Meistertitel geholt wurden. Das kann einen nicht zufriedenstellen.

Rapid hatte in den letzten 15 Jahren einige Trainer. Wer von ihnen war der beste?

Man muss natürlich die Meistertrainer hervorheben, aber ich glaube, dass der glücklichste Trainer der war, der Steffen Hofmann in seiner absoluten Glanzzeit erlebt hat und zusätzlich noch das Hoffer/Maierhofer-Duo zur Verfügung hatte. Hickersberger und Pacult sind Meister geworden, das muss man betonen. Der Zoki Barisic hat einen sehr guten Job gemacht, aber er ist eben nicht Meister geworden.

Kürzlich kam das Gerücht auf, dass Sie Co-Trainer von Jürgen Klinsmann bei Arsenal London werden würden. Gibt es Gespräche mit dem Verein?

Nein, dem kann ich eine Absage erteilen. Der Jürgen war nur von Tottenham zum Derby eingeladen und hat mich gefragt, ob ich ihn begleiten möchte.

Würden Sie grundsätzlich wieder als Co-Trainer unter Jürgen Klinsmann arbeiten?

Wir haben natürlich über die Zukunft gesprochen und es gibt viele Varianten. Ich kann mich da nicht festlegen.

Welcher Trainer hat Sie am meisten geprägt?

Abgesehen von meinem Vater war Ernst Dokupil sehr wichtig, der mich bei der Vienna trainiert hat, nachdem ich es bei Rapid nicht in die erste Mannschaft geschafft habe. Er ist damals zu mir gekommen und hat gemeint, dass er mich schon als Kind spielen gesehen hat und dass ich jetzt rausgehen und genauso locker wie damals spielen soll. Das habe ich dann gemacht und nach drei Spielen mit drei wichtigen Toren war ich Nationalspieler. Außerdem natürlich Otto Rehhagel und Pepi Hickersberger, der am Anfang meiner Karriere Nationaltrainer war.

Was hat Otto Rehhagel als Trainer ausgemacht?

Die Spieler waren seine Jungs, er hat sich immer vor die Mannschaft gestellt. Wie er mit uns Spielern umgegangen ist, war einzigartig.

Sie hatten auch ein Intermezzo bei den Bayern 1995/96. Wie sehen Sie die Situation bei den Bayern? Der Kader ist überaltert, gegen Real ist man ausgeschieden, gegen den BVB im Pokal ebenso, am Ende steht „nur“ der Meistertitel. Ist das bei den Bayern zu wenig?

Man hatte sicher die Hoffnung auf mehr Erfolg. Fakt ist aber, dass man gegen Real daheim zwar verloren, aber auswärts nach 90 Minuten in Unterzahl gewonnen hat. Eigentlich war Arturo Vidal mit dem verschossenen Elfmeter und der unnötigen roten Karte der Mann, der die Bayern ins Aus katapultiert hat. Wären diese beiden Situationen nicht passiert, hätte Bayern Real eliminiert. Als Trainer kommst du in München gleich unter Druck, wenn du nicht alles gewinnst, man vergisst aber sehr leicht, dass die Bayern vorher alle Gegner abgeschossen haben: Den HSV, den BVB usw.

Ist Carlo Ancelotti der richtige Trainer für den dringend notwendigen Umbruch im Sommer?

Er ist einer der erfolgreichsten Trainer aller Zeiten. Umbrüche hat er sehr erfolgreich bei allen Stationen vollzogen. Ribery und Robben adäquat zu ersetzen ist natürlich sehr schwer.

Wen sollten die Bayern im Sommer holen?

Dembélé vom BVB, auch wenn die Dortmunder dann wieder sauer sind. Dembélé ist aber in Deutschland auf dem Flügel gerade das Nonplusultra. Mbappé wäre ideal, die Bayern werden aber keine 130 Millionen zahlen. Wen sie unbedingt holen müssten, ist Alexis Sanchez.

Warum bekommt Joshua Kimmich, als eines der größten deutschen Talente, bei den Bayern keine Chance?

Das muss man Carlo Ancelotti fragen. In München wäre man aber gut beraten, wenn man Kimmich in der nächsten Saison wieder ins Team einbaut.

Gilt das auch für Renato Sanches?

Naja, er ist zwar mit 18 Jahren Europameister geworden, ich habe ihn aber schon im Sommer als nicht so reif gesehen. Zwar hatte er unglaubliche Momente, aber genauso viele unnötige Ballverluste und unüberlegte Aktionen. Wenn du als Verein einen so jungen Spieler für 35 Millionen holst, es auf seiner Position aber bessere Spieler gibt und er deswegen überhaupt nicht zum Einsatz kommt, verliert er offensichtlich vollkommen das Selbstvertrauen. Da ist jetzt eine komplett zerfahrene Situation entstanden, in der es vielleicht das Beste ist, wenn er irgendwo hingeht, wo er wieder spielt.

Wie sehen Sie die österreichische Bundesliga im internationalen Vergleich?

Natürlich stehen England, Spanien, Deutschland etc. vor der österreichischen Liga. Danach gibt es aber nur noch die holländische und die portugiesische Liga, die vor unserer Liga steht. Wir machen uns in Österreich nur immer schlechter, als wir sind.

Im internationalen Vergleich steht die österreichische Jugendarbeit sehr gut da. Kann man sich in Österreich auf eine Entwicklung wie in Belgien freuen?

Das glaube ich nicht. In Belgien wurden in den letzten Jahren unglaublich viele Weltklassespieler entwickelt. Wir haben ebenso einige sehr gute hervorgebracht, wie Arnautovic oder Alaba, aber jetzt müssen wieder einige ganz junge Spieler nachkommen, die den österreichischen Fußball in Zukunft voranbringen können.

Wem trauen Sie im Nachwuchs am meisten zu?

Romano Schmid aus der U17. Der ist eines der größten Talente aus Österreich. Zwar ist er noch sehr jung, aber ihm traue ich viel zu.

Wie sehen Sie Spieler, wie Konrad Laimer oder Xaver Schlager von Red Bull Salzburg?

Die beiden sind schon sehr weit. Jemand wie Konrad Laimer ist in seinem Alter schon lange Leistungsträger in der Bundesliga, da hat er vielen anderen einiges voraus.

Sie gelten als Entdecker von Marko Arnautovic. Was trauen Sie ihm noch zu? Hätte seine Karriere auch anders verlaufen können?

Als Entdecker sehe ich mich nicht. Ich hatte Glück, dass er damals beim A-Team noch nicht drangekommen ist und deshalb noch einige Spiele bei mir in der U21 gemacht hat. Ich glaube, dass er, wenn er früher ein paar Eskapaden ausgelassen hätte, heute schon um einiges erfolgreicher wäre. Seine Entwicklung war aber trotz alledem sehr gut: Publikumsliebling in Österreich und bei Stoke City mit genialen Momenten. Er sollte nur wieder ein paar Spiele entscheiden. Dann ist für ihn sicher noch ein Sprung nach oben drinnen, die Qualität hat er zweifelsohne.

Bei den Bayern hatten Sie eine berühmte Szene mit Oliver Kahn, in der er Sie heftig geschüttelt hat. Wie ist Ihr Verhältnis heute?

Ganz normal. Wir haben das damals danach gleich ausgesprochen und er war einer der wenigen, die mich überreden wollten, bei den Bayern zu bleiben, weil das zweite Jahr leichter werden würde. Ich war da aber bereits froh, wieder nach Bremen zurückgehen zu können.

Lothar Matthäus hat einmal gesagt, dass nur Rapid Wien eine größere Schlangengrube als Bayern München ist.

Das kann ich nicht sagen. Matthäus hatte bei Bayern einen viel größeren Stellenwert als in Österreich. Die Erwartungen an ihn waren immens hoch, die Mannschaft war jedoch nicht gut und Erfolg gab es auch keinen. Da verstehe ich, dass er bei Rapid nicht glücklich war.

Er hat behauptet, dass die Spieler und vor allem Sie gegen ihn waren?

Ich bin damals aus Deutschland zurückgekommen und bei der Austria hätte ich ein Vielfaches verdient. Ich bin aber Rapidler und deswegen war ein Wechsel dorthin klarerweise keine Option. Bei Rapid habe ich für extrem hohe Siegprämien gespielt, deswegen wäre es mir wurscht gewesen, wer Trainer ist. Ob Lothar Matthäus, Hans Krankl oder der Papst, ich wollte jedes Spiel gewinnen, ich war ja kein Feind von meinem eigenen Geld. Das stimmt also sicher nicht.

In Österreich war die Stimmung vor der EM 2016 himmelhochjauchzend, derzeit läuft es nicht besonders gut in der Qualifikation für die WM und der Gemütszustand scheint zu Tode betrübt. Schafft Österreich noch die Qualifikation für die WM 2018?

Das ist wieder typisch österreichisch (lacht). Ich denke nicht, dass wir noch den Gruppensieg holen. Läuft es gut, können wir noch den zweiten Platz erreichen. Positiv ist, dass sich die anderen noch die Punkte wegnehmen werden und es keine überragende Mannschaft gibt.

Kürzlich hat Paul Scharner in einem Interview sowohl Teamchef Marcel Koller als auch David Alaba sehr heftig kritisiert. Er meinte, dass Koller weder taktisch noch persönlich der richtige Mann für den Teamchefposten ist.

Es gibt gar keinen Unterschied zwischen dem Marcel Koller in der letzten Qualifikation und dieser. Damals wurde er von allen geliebt, jetzt ist das Quäntchen Spielglück weg und er gilt als schlechter Trainer. Daran sieht man wieder, wie schnell es in diesem Job gehen kann. Von außen ist es immer leichter einfach hinzuhauen, aber damit macht man es sich auch zu einfach. Stehst du selber in der Pflicht, passiert einem das nicht mehr so leicht. Wichtig wäre ein Sieg gegen Irland, dann kommt wieder Ruhe ins Team und das Umfeld. Die Chance für die Qualifikation lebt ja noch.

David Alaba ist seit der EM 2016 komplett außer Form. Sowohl bei den Bayern als auch im Nationalteam. Woran fehlt es bei ihm derzeit?

Er hat die Latte mit seinen Erfolgen bei Bayern und den spielentscheidenden Toren beim Nationalteam sehr hoch gelegt. Daran wird er gemessen. Welche Position er jetzt spielen soll, kann ich nicht beurteilen, das muss der Teamchef entscheiden. Fakt ist, Diskussionen der Spieler mit dem Trainer sind ganz normal. Ich wollte damals auch nicht im linken Mittelfeld oder als zweite Sturmspitze spielen. Da kann man bei Herbert Prohaska oder Hans Krankl gerne nachfragen (lacht). Der Trainer muss dann die Fähigkeiten besitzen, abwägen zu können, wo man seinen wichtigsten Spieler einsetzt und was für das Team das Beste ist.

Paul Scharner hat kritisiert, dass David Alaba zu viel Macht im Team hat und solche Dinge selbst entscheidet. Wäre es schädlich für das Mannschaftsgefüge, wenn so viel Entscheidungsgewalt bei einem einzelnen Spieler zentriert ist

Glaubst du Ronaldo hat bei Portugal oder Real mehr Macht als andere? Oder Lionel Messi? Das ist doch Larifari und realitätsfern so etwas daherzureden. Es ist komplett normal, dass der wichtigste Spieler etwas mitzureden hat. Die wichtigsten Spieler müssen dann auch die beste Leistung bringen und der Trainer muss die Stimmung im Team ausbalancieren. Glaubst du Zlatan Ibrahimovic war ein einfacher Spieler im Team? Ich glaube nicht (lacht).

Gegen Moldawien spielte Alaba wieder auf einer neuen Position als halblinker Mittelfeldspieler.

Das hat Marcel Koller sehr elegant gelöst, weil er damit die Diskussion, ob linker Verteidiger oder zentraler Mittelfeldspieler, beendet und sichergestellt hat, dass Alaba seinen Einfluss im Mittelfeld weiter ausüben kann.

Welche ihrer Tore im Nationalteam waren wichtiger, die beiden Tore gegen Schweden oder das Tor in der Nachspielzeit gegen Israel?

Die Tore gegen Schweden waren die wichtigsten Tore, weil wir uns dadurch für die WM 1998 qualifiziert haben.  Das emotionalste Tor war jenes gegen Israel, aufgrund der aufreibenden Umstände vor Ort. Da wurden wir von den Fans tätlich angegriffen und schon am Flughafen bedroht.

Sie haben fünf Jahre unter Jürgen Klinsmann gearbeitet. Was macht ihn als Trainer und Person aus?

Das hat mir über fünf Jahre hinweg sehr viel Spaß gemacht, weil er ein echter Manager ist und rund um sich ein großes Spezialistenteam schart, die alle sehr befreit arbeiten dürfen. So etwas war ich in dem Sinn noch nicht gewöhnt und das war definitiv eine wertvolle Erfahrung.

Hat Klinsmann in den USA eine ähnliche Revolution im Fußball in Gang gebracht, wie er es 2006 in Deutschland getan hat?

Bei den Deutschen war die Situation eine andere. Deutschland war zu dem Zeitpunkt bereits dreimal Weltmeister. Davon sind die USA noch ein Stück weit entfernt (lacht). Ich denke aber, dass er wieder wichtige Anstöße gegeben hat und dass der Fußball sich in den USA stetig weiterentwickelt.

Wie steht es um den amerikanischen Fußball im Vergleich zum europäischen?

Natürlich fehlt noch sehr viel zu den europäischen Spitzenligen, aber wenn die Amerikaner etwas in die Hand nehmen, hat das Hand und Fuß. Die Liga wird total professionell betreut und organisiert und auch die Trainingsmethoden sind den europäischen sehr ähnlich. Da merkt man natürlich die Einflüsse aus Europa.

Was konnten Sie von Jürgen Klinsmann lernen?

Dass er es als Deutscher gewohnt ist zu gewinnen und dadurch mit einem unglaublichen Optimismus und Siegeswillen in jedes Spiel hineingeht, egal wie schwer es wird. Diese Mentalität, die er ausgestrahlt und den Spielern vermittelt hat, war oft ausschlaggebend, warum wir viele Spiele als Außenseiter gewonnen haben. Die WM 2014 ist das beste Beispiel. Da haben wir die Todesgruppe mit Weltmeister Deutschland, dem späteren Europameister Portugal und Ghana überstanden.

Wie war das Gefühl, dem Vizepräsidenten der USA, Joe Biden, nackt in der Kabine zu begegnen?

Es waren ja auch einige Bodyguards da (lacht). Das war total irre. Ich war mit unserem Fitnesstrainer duschen und wir wollten dann in der Kabine noch mit der Mannschaft feiern. Also sind wir noch nackt in die Kabine und auf einmal stehen da zehn Bodyguards gemeinsam mit Joe Biden und seiner Tochter. So schnell war ich noch nie wieder angezogen (lacht).

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