33 Punkte Vorsprung, fast doppelt so viele Saisontore – selten waren die Rollen im traditionsreichen schottischen „Old Firm“ so klar verteilt wie vor dem 405. Vergleich zwischen Celtic und den Glasgow Rangers am Sonntag. Die Experten sind angesichts der erdrückenden Überlegenheit der Hoops ratlos.
Barry Ferguson macht sich Sorgen. Der 45-fache schottische Nationalspieler, inzwischen Trainer beim FC Clyde in der 3. Liga, kennt das Old Firm (Dt.: „Das alte Beständige“) aus fast 300 Liga-Einsätzen für die Glasgow Rangers bestens.
„Es gehört zu den Erfahrungen im Leben, die du nicht mit Geld bezahlen kannst“, beschreibt Ferguson das Derby zwischen den Glasgow Rangers und Celtic in der britischen Zeitung Daily Mail, „und in einem Old Firm weißt du ehrlicherweise nie, was dich erwartet.“
Celtic Glasgow oder: Die totale Dominanz
Das gilt wohl kaum für das 405. Aufeinandertreffen am Sonntag (13 Uhr). „Um die Wahrheit zu sagen, bin ich bezüglich des Spiels sehr beunruhigt“, sagte Ferguson der Boulevardzeitung The Scottish Sun (Freitagsausgabe), „es ist bedenklich, dass der Abstand zwischen Celtic und dem Rest der Liga so groß ist.“
Stimmt. Selten war die Kluft zwischen den katholisch geprägten Bhoys vom Celtic FC und dem verhassten Erzrivalen Rangers aus dem protestantischen Umfeld so groß wie in dieser Saison. Selten beherrschte Celtic Glasgow die schottische Premier League so nach Belieben wie in dieser Spielzeit. Waren es – seit dem Rangers-Zwangsabstieg im Sommer 2012 – etwa in der Saison 2012/2013 „nur“ 19 Punkte Vorsprung auf den FC Motherwell, so thront der Europapokalsieger der Landesmeister von 1967 im 50. Jubiläumsjahr seines Erfolges von Lissabon bereits 11 Spiele vor Saisonschluss satte 27 Punkte über dem 2. in der Tabelle, dem FC Aberdeen. Damit haben die Grün-Weißen ihre Punkte-Bestmarke seit dem Zwangsabstieg der Rangers aus der Saison 20132014 – 21 Zähler vor Aberdeen – längst getoppt. Mehr Vorsprung als Celtic bringen nicht einmal die Spitzenreiter der vier Top-Ligen aus Deutschland, England, Italien und Spanien zusammen aufs Tableau.
Zwischen Celtic und Rangers ist die Kluft noch größer: 33 Punkte trennen die Glasgower Klubs. Das letzte Derby am Silvestertag gewannen die Hoops, wie Celtic auch von den Fans genannt wird, mit 2:1 bei den Rangers im Ibrox Stadium. Auch der 1. Vergleich in der Liga seit dem Wiederaufstieg der Rangers im letzten Sommer ging am 10. September 2016 mit 5:1 an Celtic.
Die Überlegenheit in der Liga ist Celtics großes Manko in Europa
Für Celtic-Trainer Brendan Rodgers alles keine Argumente. „Ich sorge mich nicht, weil es zu wenig Konkurrenz gibt. Wir arbeiten hart, um auf Top-Niveau zu sein, können immer nur den Gegner schlagen, der als nächstes kommt.“ Eben das ist das Problem des schottischen Serienmeisters. In der Liga ist man konkurrenzlos, in Europa hinkt man hinterher. Celtic schied in der CL-Vorrunde in der Gladbach-Gruppe als Tabellenletzter ohne 1 Sieg aus.
Rangers: 4. Sieg mit Interimscoach Murty?
Die Rangers gehen mit Interimstrainer Graeme Murty in das Prestige-Duell im Paradise. Dass der Klub nach dem Aus für Trainer Mark Warburton noch auf dessen Nachfolger Pedro Caixinha wartet, ist für Brendan Rodgers ebenfalls kein Vorteil. „Die Rangers-Spieler sind Profis genug, um mit dieser Situation umzugehen und Graeme hat bisher einen exzellenten Job gemacht“, sagt der Vorgänger von Jürgen Klopp beim FC Liverpool. Unter Murty gewannen die „Gers“ 3 der letzten 5 Pflichtspiele.
Insider wie Barry Ferguson sehen die auf Platz 3 liegenden Rangers trotz dieses Trends nach dem Wiederaufstieg noch nicht reif genug für die Premier League. „Ich denke, einige Spieler waren ein wenig geschockt, als sie in diese Liga kamen, denn hier sind die Erwartungen viel höher.“ Erst recht bei den einstmals erfolgsverwöhnten Rangers, wie Ferguson weiß. „Wenn du für die Rangers spielst, willst du jedes Spiel gewinnen – egal ob zu Hause oder auswärts“, beschreibt Ferguson das Credo des schottischen Rekordmeisters.