Es ist noch gar nicht lange her, da warfen die Fans des TSV 1860 München mit Sitzschalen und Fahnenstangen nach ihren Spielern. Der Abstieg aus der 2. Bundesliga im Relegationsspiel gegen Jahn Regensburg (0:2) sorgte Ende Mai für tumultartige Szenen und zeigte einen Klub am absoluten Tiefpunkt. 6 Wochen später reißen sich die Anhänger der Löwen um Saisontickets und auch sportlich ist der schwierige Neuanfang in Liga 4 geglückt. Kein Zweifel: Für die Giesinger ist der tiefe Fall auch eine Chance.
Einen schöneren 110-jährigen Vereinsgeburtstag hätte sich der FC Memmingen kaum wünschen können. Am vergangenen Donnerstag stellte sich der TSV 1860 München in der Memminger Arena vor – und sorgte für ein perfektes Fußballfest. Mehr als 5.200 Besucher, darunter 2.500 Fans der Münchner, 113 akkreditierte Journalisten und bis zu 400.000 Fernsehzuschauern bei der Live-Übertragung der Partie durch Sport 1 – viel mehr geht nicht. „Die Dimension, was die Vorbereitung für dieses Spiel anbelangt, hat alles überstiegen, was wir je hatten“, sagt der FCM-Medienbeauftragte Andreas Schales dem Kicker (Montagsausgabe), „für unsere Spieler war es schwer, mit dem ganzen Hype umzugehen.“
Memmingen spürt als erstes die neue Löwen-Mania
Der neuen Löwen-Mania hatten die Memminger, die in der letzten Saison im Schnitt nur 912 Zuschauer zu ihren Heimspielen begrüßten, nichts entgegenzusetzen. 1860 München gewann mit 4:1. Nach dem Spiel sah man Szenen, die nach dem 30. Mai und den Ausschreitungen in der Allianz Arena beim Abstieg im Relegationsspiel gegen Jahn Regensburg (0:2) kaum möglich schienen. Die Spieler stiegen auf den Gitterzaun, feierten den Erfolg mit ihren Anhängern.
44 Tage nach dem Absturz in Liga 4 und dem ultimativen Liebesentzug ihrer Fans sind die Löwen wieder da. Die leidgeprüften Anhänger rennen dem Deutschen Meister von 1966 nach der abgewendeten Insolvenz die Bude ein. Wie Fußball BILD am Montag berichtete, wollen die meisten der 10.000 Dauerkarten-Besitzer aus dem Vorjahr auch bei der Rückkehr ins altehrwürdige Stadion an der Grünwalder Straße dabei sein. Es ist jene sportliche Heimat, die der Verein 1995 im 2. Jahr nach der Bundesliga-Rückkehr verlassen hatte. Allein bis Montag gingen 2.000 zusätzliche Dauerkartenwünsche per E-Mail ein. „Ein Wahnsinns-Gefühl“, freut sich der neue Kapitän Felix Weber, „dass die Fans nach den schweren letzten Wochen hinter uns stehen, das gibt es nicht oft.“
Zurück an die Grünwalder Straße – Das finden in München nicht alle gut…
Doch es gibt auch kritische Stimmen. „Ich verstehe den Auszug der Löwen aus der Allianz Arena nicht“, sagt etwa Bayern-Legende Franz „Bulle“ Roth, „wenn 1860 in der Regionalliga vorne mitspielt, reicht die Kapazität an der Grünwalder Straße nicht aus. Man hätte wenigstens noch ein Jahr die Situation beobachten müssen.“
Solche Bedenken dürfte das Gros der Löwen-Anhänger kaum haben. Immerhin galt die 2005 gemeinsam mit dem FC Bayern bezogene Allianz Arena ebenso wie zuvor das Münchner Olympiastadion bei den Fans der Giesinger als ziemlich unbeliebt. Wirkliche Sechzger-Stimmung kam selten auf. Am Freitagabend, beim 1. Heimspiel gegen Wacker Burghausen, wird sich zeigen, ob 1860 München mit 12.500 Zuschauern im ausverkauften „Grünwalder“ wirklich an seine Grenzen stößt.
Coach Bierofka dämpft die Euphorie
Löwen-Trainer Daniel Bierofka, nach dem Zweitliga-Abstieg einer der wenigen Verbliebenen, warnt: „Wir müssen auf dem Teppich bleiben.“ Bei mehr als 25 Zugängen, darunter der Ex-Stuttgarter Timo Gebhart vom FC Hansa Rostock, sowie 27 Spielern, die den Verein verlassen haben, wartet noch eine Menge Arbeit auf den Coach.
Sascha Mölders blieb auch nach dem von Fan-Unruhen begleiteten Zweitliga-Abstieg bei 1860 München.